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Muhammad al-Bakir, Lybischer Ziegenhirte: Der erste Luftangriff der Geschichte (1. November 1911)

Samstag, den 1. November 2008

flapflapflapflapflapflap
Was ist das? Es ist gar nicht die Jahreszeit für Sandstürme.

„Ssalha, komm schnell her und bring Mariam mit, es kommt ein Sturm auf.“
Dabei gibt es gar nicht die üblichen Anzeichen. Und den ganzen Tag war es windstill.

flapflapflapflapflapflap

Das Geräusch kommt näher. Aber es ist kein Sturm.

„Ssalha, hörst Du das auch?“
Sie scheint mich nicht zu hören. Sie ist etwas zu weit weg.

flapflapflapflapflapflap
Was mag das nur für ein Geräusch sein, das immer lauter wird?
Was ist das, ein seltsamer Vogel. Er schlägt gar nicht mit dem Flügeln.
Noch nie habe ich solch ein Geschöpf auf Allahs Erde gesehen.
Auch Ssalha scheint es zu sehen, sie hält bei der Arbeit inne.
Auch die anderen Menschen in der Oase schauen nach oben.

„Hat jemand schon so einen Vogel gesehen?
Alle schütteln den Kopf. Die Tiere sind ganz verwirrt.

Jetzt ist er gleich über uns. Starr sieht er aus, fast wie aus Holz. Jetzt lässt er etwas fallen. Gerade da wo Ssalha steht. Und noch etwas.

Was war das für ein Knall? Alles voller Staub und Sand. Ich kann Ssalha nicht sehen, auch die Tiere nicht. Und was ist mit Mariam unserer Tochter, die Ssalha mit den Tieren geholfen hat?

Der Staub legt sich. Ssalha, die Tiere, alle liegen am Boden - niemand bewegt sich. Auch da drüben nicht, wo der Vogel das zweite Ding fallen gelassen hat.
Was ist da los? Wo ist Mariam? Da drüben rennen die Leute hin. Sie schreien.
Ich muss zu Ssalha. Nur schnell hin! Schnell.

Ssalha! Was ist mit Dir? Überall Blut! Die Tiere rund um Ssalha sind tot.
„Werde doch wach!“ Sie hat Mariam unter sich begraben.
Ich muss sie rausholen.
„Schrei nicht, meine Tochter!“
Ssalha! Sie ist tot. Ihr Bein zerfetzt.
Gütiger Allah! was war das für ein Vogel?
Wo ist er hin? Auch das Geräusch ist nicht mehr zu hören.
Ssalha ist tot. Meine Tiere auch. Viele andere sind ebenfalls gestorben. Ich kann die Schreie hören. Aber Mariam lebt!

Flugzeug vom Typ Blériot XI

Von Ende September bis 1911 bis Mitte Oktober 1912 herrschte der italienisch-türkische Krieg.
Im Rahmen dieses Krieges kam es zu den wahrscheinlich ersten militärischen Einsätzen von Flugzeugen.
Zunächst wurde ein Flugzeug des Typs Blériot XI. am 23. Oktober zu einem Aufklärungsflug über Bengasi eingesetzt, dann warf ein Flugzeug des gleichen Typs am 1. November 1911 in einer „Vergeltungsaktion“ 2-Kilo-Bomben über zwei nahe Tripolis gelegenen Oasen ab.
Der Krieg war endgültig technisiert worden, immer moderner wurden die Waffen und immer schutzloser die Bevölkerung.
Der italienisch-türkische Krieg war ein von Italien begonnener Krieg, der dem Erwerb von Kolonialbesitzungen in Nordafrika dienen sollte. Einerseits ging es darum, innenpolitischen Problemen vorzubeugen, andererseits sollte der armen italienischen Bevölkerung eine Alternative zur Auswanderung nach Amerika gegeben werden.

Als neues italienisches Kolonialgebiet hatte man dafür osmanische Besitzungen in Nordafrika, in Tripolitanien und der Cyreneika auserkoren.
Der Krieg wurde von Italien provoziert, das vom osmanischen Reich die Abtretung der genannten Gebiete forderte und in der Folge der erwarteten Ablehnung des Gesuchs der Hohen Pforte den Krieg erklärte.
Der Krieg wurde in seinem frühen Verlauf immer mehr zu einem Pogrom an der arabischen Bevölkerung in den beanspruchten Gebieten, bei denen viele tausend Araber wahllos getötet wurden. Im Rahmen dieser Aktionen kam es zu den Bombenabwürfen vom 1.November. Diese und andere Aktion des italienischen Militärs veranlassten Lenin zu der Aussage, der Krieg sei ein „ein vervollkommnetes, zivilisiertes Massaker, ein Abschlachten der Araber mit neuzeitlichsten Waffen“.
Den Krieg nutzten 1912 Serbien, Bulgarien, Montenegro und Griechenland um ihrerseits dem in Nordafrika beschäftigten Osmanischen Reich den Krieg zu erklären. Es kam zum 1. Balkankrieg. Dieser Krieg stellte eine existentielle Bedrohung des Osmanischen Reiches dar, weit mehr, als der Krieg mit Italien. Somit musste die Hohe Pforte in Friedensverhandlungen mit Italien eintreten. Im daraus resultierenden Frieden von Ouchy verzichtete das Osmanische Reich auf die von Italien beanspruchten Gebiete, das zusätzlich die in der östlichen Ägäis gelegene Inselgruppe der Dodekanes, zu denen auch Rhodos gehört, besetzt hielt. Diese wurden Italien 1923 auch offiziell von der Türkei abgetreten und kamen, in Folge des zweiten Weltkrieges 1947, nachdem sie zwischenzeitlich deutsch und dann britisch verwaltet wurden, zu Griechenland.
Bei dem Flugzeug, das beim geschilderten Angriff zum Einsatz kam handelte es sich um eine Maschine vom Typ Blériot XI. Diese Maschine aus der Flugzeugschmiede des französischen Luftfahrtpioniers Louis Blériot war zu Berühmtheit gelangt, weil ihr eine Überquerung des Ärmelkanals, der erste Überflug über den Simplon-Pass sowie ein europäischer Flugdauer- und ein Geschwindigkeitsrekord gelungen waren.
Sie wurde auch zum ersten Militärflugzeug der Schweizer Luftwaffe, das mit einem seitlich an der Maschine angebrachten Karabiner bewaffnet war.

Johann Zittenberger, Herrnhuter Missionar: Das Gnadenhütten-Massaker (8.März 1782)

Samstag, den 8. März 2008

Verfroren und abgehetzt sind sie vor wenigen Stunden eingetroffen. Sie hatten gar Grausiges zu berichten, das wir zunächst gar nicht glauben konnten, denn ein Mensch kann doch zu so brutalen Taten nicht fähig sein. Doch die verstörten Blicke und die eindrückliche Schilderung von Tamansoe und Shingalin haben uns Glauben gemacht, dass es Menschen gibt, die vor nichts zurückschrecken. Nicht einmal Frauen und Kinder wurden verschont. Ein Indianer vom Stamm der Leni-Lenape
Dabei waren sie alle nur friedliche Menschen bei der Maisernte, die versuchten, einer weiteren Hungersnot zu entkommen. Aber sie wurden nicht angehört, sondern von vornherein verurteilt und ohne Möglichkeit belassen, ihre Situation darzustellen.
Die Soldaten pferchten sie in der Nacht zusammen und führten am Morgen immer zwei von ihnen ab, um sie niederknien zu lassen und anschließend die Köpfe mit einem Hammer einzuschlagen.
Schließlich trugen sie die Leichen zusammen und zündeten sie an, sodass zusammen mit ihnen die gesamte Siedlung niederbrannte.
Es ist nun zu befürchten, dass andere Angehörige dieses Stammes, auch wenn sie sich zeitweilig von ihren Brüdern und Schwestern, die zum wahren Glauben übergetreten sind, distanzierten, zur Vergeltung aufrufen werden und in diesen unruhigen Zeiten für weiteres Blutvergießen sorgen werden.
Dies muss Anlass für uns alle sein noch entschiedener als zuvor unsere Mission zu verfolgen und die frohe Botschaft von Jesus Christus mit aller uns möglichen Nachdrücklichkeit weiter zu verbreiten.

Im 18. Jahrhundert kamen die so genannten Herrnhuter Brüder oder auch Mährischen Brüder nach Nordamerika und stießen mit ihren christlichen Predigten und Aufrufen zur Gewaltlosigkeit vor allem bei den Ureinwohnern auf Gehör. Die aus Deutschland stammende protestantische Glaubensgemeinschaft missionierte vor allem die amerikanischen Ureinwohner und hatte enormen Einfluss auf die konvertierten Indianer, die als Mährische Indianer oder Moravian Indians bezeichnet werden. Sie lebten fortan in Ortschaften, die Namen wie Betlehem, Salem oder Gnadenhütten trugen. Hier züchteten sie Pferde, betrieben Landwirtschaft, feierten jeden Tag Gottesdienst und kleideten sich wie die Weißen.
Taufe von Indianern durch Mährische Brüder
Die Herrnhuter Brüder lebten häufig aber auch mit Indianerstämmen zusammen, die nicht konvertierten, da sie bei vielen Stämmen einen guten Ruf genossen und um Rat gefragt wurden. Die Missionsarbeit wurde selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt vernachlässigt.
Besonderen Einfluss hatten die Herrnhuter Brüder auf den Stamm der Delaware, die auch als Leni Lenape bekannt sind. Dieser Stamm war im Nordosten der heutigen USA ansässig.
Während des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges war der Stamm der Delaware uneinig auf welcher Seite sie kämpfen sollten. Doch diese Entscheidung war von großer Bedeutung, da ihr Siedlungsgebiet zwischen wichtigen Stützpunkten der verfeindeten Kriegsparteien lag. Schließlich zerfiel der Stamm in drei Lager, eines, das sich den Amerikanern anschloss, eines das sich den Briten anschloss und schließlich das dritte Lager, in dem sich die christlichen Indianer zusammenfanden. Im Sommer des Jahres 1781 verhielten sich nur noch die Leni Lenape in der Herrnhuter Mission neutral. In ihrer Lage zwischen den Fronten wurden diese christlichen Indianer von beiden Seiten schikaniert und litten vor allem während des Winters Hunger. So begaben sich einige Leni Lenape Anfang 1782 nach Gnadenhütten, um die Maisernte vorzunehmen, die im vergangenen Herbst nicht eingebracht werden konnte.
Anfang März 1782 verfolgten Soldaten der Pennsylvania-Miliz unter Captain David Williamson feindliche Indianer und erreichten dabei den Ort Gnadenhütten, wo sie dort mit der Ernte beschäftigen Leni Lenape verdächtigten einige Ortschaften überfallen zu haben. Trotz der Verneinung dieser Vorwürfe wurden die Indianer gefangengenommen und über Nacht eingesperrt. Am nächsten Morgen wurden Männer, Frauen und Kinder auf brutale Weise getötet. Insgesamt wurden am 8.März 1782 28 Männer, 29 Frauen und 39 Kinder ermordet. Die Leichen wurden in den Hütten aufgebahrt und angezündet. Durch zwei Überlebende wurden die Missionare von den Vorfällen in Kenntnis gesetzt, sodass sie das Gnadenhütten Massaker in ihren ausführlichen Missions-Aufzeichnungen festhalten konnten.
Die Empörung über das Gnadenhütten Massaker war bei vielen Siedlern groß, doch zu einer gerichtlichen Untersuchung des Vorfalls kam es nicht.´

Fritsche Closener, Strassburgische Chronik: Judenpogrom in Straßburg (14. Februar 1439)

Donnerstag, den 14. Februar 2008

Do man zalte MCCCXLIX jor, do wurden die Juden zu Strasburg verbrent in eime kirchof uf eime hultzinen geruste, an sante Feltins tage; der viel des jores uf einen samesdag. Su wordent ouch des selben jores verbrant in allen steten uf deme Rine, es werent frie stette, oder des rieches, oder anderre herren. Dax geschach darumbe: man ziech su, su bettent brunen un andere wassere entsufert mit vergift. In etlichen steten brante man su mit urteil; in etlichen stieszent su die huser an mit fure, do su inne worent, un brantent sich selben. Do kam man zu Strosburg des uberein, daz in hundert joren kein Jude do solte geseszen sin.

Fritsche Closener, Strassburgische Chronik in: Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (Bd. 1), Stuttgart, 1843 (nicht fiktiv)

Häufig in ihrer Geschichte mussten die Juden als Sündenböcke herhalten, wenn Dinge geschahen, die den einfachen Menschen unerklärlich erschienen. Verbrennung von Jueden während den Pogromen von 1439
So kam es auch zum Judenpogrom am Valentinstag 1349 in Straßburg, bei dem über 2000 Juden ermordet wurden.
Seit ungefähr zwei Jahren raste der Schwarze Tod durch Europa und raffte große Teile der Bevölkerung dahin. Da man keine Erklärung für diese Krankheitswelle hatte, begann man, den Juden nachzusagen, sie hätten die Brunnen vergiftet.
Vor diesem Hintergrund kam es zu schweren Judenpogromen in ganz Europa, beginnend 1348 in Savoyen, wo man unter Folter erpresste „Geständnisse“ von Juden zum Anlass nahm, viele jüdische Bürger zu töten. Schnell breitete sich die Welle der Judenpogrome aus, im Januar 1349 in Basel und im Februar desselben Jahres schließlich auch in Straßburg.
Dort hatte der Magistrat der Stadt zunächst noch versucht, die Juden zu schützen, musste sich am Ende aber dem Druck der Zünfte und vieler Einwohner beugen und duldete das nun folgende „Valentinstagsmassaker“ an der jüdischen Bevölkerung.
In Wirklichkeit standen hinter der Tat aber wohl vor allem wirtschaftliche Interessen. Viele der führenden Aufrührer hatten sich in der Vergangenheit besonders hoch bei Juden verschuldet und sahen nun eine Möglichkeit, sich dieser Schulden zu entledigen.
So wurde das Vermögen der Juden Straßburgs in der Folge unter den Zunftmitgliedern verteilt und manch ein Handwerker konnte sich daran massiv bereichern.
Auch der Straßburger Rat, sicherte sich große Teile des Vermögens und wurde so zum Nutznießer des Massenmordes.
In den nächsten Monaten setzte sich der Völkermord in vielen Städten, vor allem entlang des Rheines fort. In Mainz, wo zu dieser Zeit sogar die größte jüdische Gemeinde Europas lebte, sahen die jüdischen Bürger keine andere Möglichkeit mehr, als sich in ihren Häusern selbst zu verbrennen. Auch die Juden in Städten wie Freiburg, Köln, Brüssel, Antwerpen um nur einige Orte zu nennen blieben von Massakern nicht verschont.