Verschiedene Küstenbewohner: Sturmflut von Hamburg (16. Februar 1962)

16. Februar 2008

Sturmflut in Hamburg am 16. Februar 1962Am Nachmittag an der Nordseeküste bei Cuxhaven:
„Komm meen Jung, wir holen besser die Netze ein und sehen zu, dass wir zu Muttern in die warme Stube kommen, da zieht was auf – das wird noch was geben heut. Aber was der Heiner meinte, dass ein Orkan kommen soll, nee, nee meen Jung, das glaub ich mal nich. Aber ungemütlich wird’s wohl werden, da sitz ich lieber mit ‘nem Tee vorm Kamin als hier draußen rumzulaufen. Also man los meen Jung.“
Unterdessen in Hamburg:
„Heute war im Büro früher Schluss, der Chef hatte Geburtstag und hat einen ausgegeben. Und da hab’ ich mir zur Feier des Tages gedacht, wir könnten uns doch heute mal einen schönen gemütlichen Abend machen, ich habe nämlich zwei Kinokarten bekommen, da können wir doch endlich mal wieder etwas unternehmen.“

Am Abend an der Nordseeküste bei Cuxhaven:
„Oh man, das ist mal ein ausgewachsener Sturm. Da hatte der Heiner wohl doch Recht gehabt mit seinem Orkan. Man, Junge, ob unser Boot das wohl heil übersteht? Ich glaub’s ja mal nicht. Und gerad als ich noch mal raus am Deich war, ich weiß ja nicht, sieht ganz schön ungemütlich aus. Hoffentlich hält der Deich, sonst sieht es übel aus. Hab zu Muttern schon gesagt, sie soll die Kleinen ins Auto setzen und zu Tante Käthe fahren, das ist ein ganzes Stück weg von hier, nur falls was passiert.“
Zur selben Zeit in Hamburg:
„Das war doch ein schöner Abend, ein wirklich guter Film. Vielleicht gibt es ja beim Hafeneck noch ein Bier für mich und ein Likörchen für dich. So zum gelungenen Abschluss des Abends.“

Um Mitternacht an der Nordseeküste bei Cuxhaven:
„Junge, Junge, da hat es uns aber erwischt. Alles abgesoffen hier. So was hab ich noch nie gesehen – da ist doch einfach ein Stück vom Deich runter gespült, erst sah es noch ganz klein aus und dann gab’s kein Halten mehr, da ist der Deich richtig durchgebrochen und überall war nur noch Wasser, Wasser, Wasser.“
Gleichzeitig in Hamburg:
„Brigitte wo bist Du nur, sag doch was – ich kann nichts sehen, es ist so furchtbar dunkel und überall steht Wasser. Wo kommt nur all dies Wasser her. Soll ja eine Flut gegeben haben heute – höher als gewöhnlich, aber wir haben doch die Deiche! Da kann doch gar nichts passieren. Brigitte wo bist Du – das Wasser. überall nur Wasser. Hilfe!“

In der Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 wurde die Sturmflut durch ein Sturmtief ausgelöst, das von Norden her über die Deutsche Bucht zog. Ein damit einhergehender Orkan, drückte die Wassermassen der Nordsee mit solcher Kraft gegen die Küste, dass die Deiche vielerorts dem steigenden Wasserstand nicht gewachsen waren und brachen.
In Hamburg war die Lage auf Grund der Elbe besonders prekär, da die Wassermassen von der Nordsee in die trichterförmige Mündung der Elbe gedrückt wurden, sodass schließlich die Deiche in Hamburg nicht mehr standhalten konnten und brachen. Orkanböen erreichten Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h.
Bereits am Morgen hatte es eine Orkanwarnung für die Küste geben und es wurde eine Flut über dem mittleren Hochwasser vorhergesagt, erst nach 20:00 am selben Abend wurden diese Angaben konkretisiert: Die Flut sollte drei Meter über dem mittleren Hochwasser eintreten. In Cuxhaven wurden gegen 22:00 Uhr ein Pegelstand von 3,5 Metern über dem mittleren Tidestand gemessen. Die Hansestadt Hamburg wurde im Schlaf von den Wassermassen überrascht, da Warnungen vor dem drohenden Unwetter erst viel zu spät ausgesprochen wurden. Erst als die Flutwelle unmittelbar bevorstand, wurde gegen 21 Uhr Abend Alarmstufe 3 ausgelöst. Eine halbe Stunde zuvor hatte der NDR sein Fernsehprogramm für eine Sturmflutwarnung unterbrochen.
Das Problem lag um diese Uhrzeit darin, dass der große Teil der Behörden und Ämter nicht mehr besetzt war und der Alarm so nicht an die Bevölkerung weitergeleitet werden konnte. Zudem war die Telefonverbindung zwischen Cuxhaven und dem Hinterland unterbrochen, sodass Warnungen von der Küste nicht weitergegeben werden konnten.
So brach die Flutwelle mit verheerenden Folgen über das nächtliche Hamburg herein. Mehr als 300 Todesopfer und mehrere Zehntausend Obdachlose, daneben zahlreiche Sachschäden sind die traurige Bilanz der Sturmflut von 1962, insgesamt stand rund ein sechstel des Stadtgebietes von Hamburg unter Wasser.
Nur wenige Naturkatastrophen sind in Deutschland so ins kollektive Gedächtnis eingegangen wie die Sturmflut des Jahres 1962. Das nach dem Zweiten Weltkrieg so mühsam zurückgewonnene Gefühl der Sicherheit wurde durch diese Naturgewalt erschüttert: beschädigte Häuser und Wohnungen, zerstörte Straßen, ganz zu schweigen von den menschlichen Tragödien, die sich durch diese Sturmflut ereignet haben.

New York Independant & Investigator: Explosion der USS Maine im Hafen von Havanna (15. Februar 1898)

15. Februar 2008

The New York Independent, 16.02.1898, Frühausgabe:
USS Maine im Hafen von Havanna explodiert – 260 Tote Seemänner – Ursache unklar!

The New York Investigator, 16.02.1898, Abendausgabe:
Bombe zerstört USS Maine und reist amerikanische Seeleute in den Tod

The New York Independent, 17.02.1898, Frühausgabe:
Spanische Mine oder Torpedo tötet 266 amerikanische Helden – Gibt es jetzt Krieg?

The New York Investigator, 25.02.1898, Frühausgabe:
Spanien dementiert feigen Anschlag – Wie ist unsere Antwort? – Rache für die Maine?

Die USS Maine im Hafen von Havanna

The New York Independent, 27.02.1898, Abendausgabe:
Das Maß ist voll! – Spanier schlachten Freiheitskämpfer in Kuba ab – Bürger fordern Rache!

The New York Independent, 18.03.1898, Frühausgabe:
Regierung bestätigt: Es waren die Spanier! – Folgt die Kriegserklärung?

The New York Investigator, 24.03.1898, Frühausgabe:
Die Welt fordert den Krieg gegen Spanien! - Denkt an die Maine – Zur Hölle mit Spanien!

The New York Independent, 02.04.1898, Frühausgabe:
Regierung bestätigt: Es waren die Spanier! – Folgt die Kriegserklärung?

The New York Independent, 23.04.1898, Abendausgabe:
Endlich! Spanien hat uns den Krieg erklärt – Keine Gnade mit den Schlächtern von Kuba!

Bei der Explosion der USS Maine im Hafen von Havanna am 15. Februar 1898 kamen 266 amerikanische Seeleute ums Leben.
Durch das Ereignis wurde ein Stein ins Rollen gebracht, der letztendlich zum Spanisch-Amerikanischen Krieg führen sollte.
Bis heute ist nicht sicher geklärt, was die Explosion an Bord der USS Maine verursachte, auch verschiedene Untersuchungen neueren Datums weisen in unterschiedliche Richtungen.
Für die amerikanische Öffentlichkeit schien es aber recht schnell eindeutig zu sein, dass die USS Maine einem Angriff der Spanier zum Opfer fiel. Titelseite der New York WorldDer Hintergrund dazu ist der spanisch- amerikanische Konflikt um die spanischen Kolonien in Kuba, Puerto Rico, Guam und den Philippinen.
Die Explosion der Maine wurde vor allem in den Tageszeitungen von Joseph Pulitzer (The New York World) und William Randolph Hearst (New York Journal) propagandistisch hochgespielt. Dabei zielten die beiden in erster Linie auf eine Steigerung der Auflage (was vor allem Hearst mit einer Steigerung von 70.000 auf über 1 Million gelang) und nutzen dafür auch skrupellos Halbwahrheiten und erfundene Ereignisse aus.
So berichteten beide Zeitungen von Gräueltaten der Spanier an der kubanischen Bevölkerung, die in diese Form nicht stattgefunden haben. Nach und nach schaukelte sich so die anti-spanische Stimmung hoch und am Ende bekamen die beiden Zeitungsverleger ihren Willen. Wie sehr Pulitzer und Hearst auf einen Krieg abzielten, lässt sich durch die Aussage Hearsts „You furnish the pictures. I’ll furnish the war“ belegen. Diese Aussage war an seinen Korrespondenten in Kuba gerichtet. Dieser solle die Bilder machen, Hearst werde schon für den Krieg sorgen.
Die amerikanische Regierung schließlich stellte am 19. April 1898 ein Ultimatum an Spanien, Kuba zu räumen und an die USA abzutreten. Die Reaktion auf dieses Ultimatum war die spanische Kriegserklärung.
Der US-Regierung kam der Krieg aber auch nicht ungelegen, da man sich schon seit längerem mit der Absicht trug, die spanischen Kolonien in der Karibik und dem Pazifischen Ozean zu übernehmen und außerdem den seit 30 Jahren andauernden Unabhängigkeitskampf Kubas von Spanien unterstützte. Titelseite des New York Journal
Der Krieg, der sich nach einem Zusammenstoß zweier Flotten vor den Philippinen fast auch noch zu einem Krieg zwischen dem Deutschen Reich und den USA ausgedehnt hätte, dauerte bis zum August 1898 und endete mit der Zerstörung der zwei wichtigsten spanischen Überseeflotten.
So musste Spanien im Frieden von Paris Puerto Rico, Guam und die Philippinen an die USA abtreten und verlor somit bis auf einige wenige Besitzungen in Afrika fast allen kolonialen Besitz. Der spanische Abstieg von der Weltmacht zur regionalen Mittelmacht, der bereits im 17. Jahrhundert begonnen hatte fand im Spanisch-Amerikanischen Krieg seinen Abschluss.
Für die USA kennzeichnete der Krieg den Beginn einer offensiven Weltpolitik.
Kuba wurde formal unabhängig, war aber de facto an die USA gebunden.
Die Propagandaschlacht der Tageszeitungen Hearts und Pulitzers begründete den noch heute für die unseriöse Boulevardpresse gebräuchlichen Namen der „Yellow press“, abgeleitet aus dem gelblichen Zeitungspapier auf dem die Blätter gedruckt waren und dem in beiden Tageszeitungen veröffentlichten Comic-Strip „Yellow Kid“.

Fritsche Closener, Strassburgische Chronik: Judenpogrom in Straßburg (14. Februar 1439)

14. Februar 2008

Do man zalte MCCCXLIX jor, do wurden die Juden zu Strasburg verbrent in eime kirchof uf eime hultzinen geruste, an sante Feltins tage; der viel des jores uf einen samesdag. Su wordent ouch des selben jores verbrant in allen steten uf deme Rine, es werent frie stette, oder des rieches, oder anderre herren. Dax geschach darumbe: man ziech su, su bettent brunen un andere wassere entsufert mit vergift. In etlichen steten brante man su mit urteil; in etlichen stieszent su die huser an mit fure, do su inne worent, un brantent sich selben. Do kam man zu Strosburg des uberein, daz in hundert joren kein Jude do solte geseszen sin.

Fritsche Closener, Strassburgische Chronik in: Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (Bd. 1), Stuttgart, 1843 (nicht fiktiv)

Häufig in ihrer Geschichte mussten die Juden als Sündenböcke herhalten, wenn Dinge geschahen, die den einfachen Menschen unerklärlich erschienen. Verbrennung von Jueden während den Pogromen von 1439
So kam es auch zum Judenpogrom am Valentinstag 1349 in Straßburg, bei dem über 2000 Juden ermordet wurden.
Seit ungefähr zwei Jahren raste der Schwarze Tod durch Europa und raffte große Teile der Bevölkerung dahin. Da man keine Erklärung für diese Krankheitswelle hatte, begann man, den Juden nachzusagen, sie hätten die Brunnen vergiftet.
Vor diesem Hintergrund kam es zu schweren Judenpogromen in ganz Europa, beginnend 1348 in Savoyen, wo man unter Folter erpresste „Geständnisse“ von Juden zum Anlass nahm, viele jüdische Bürger zu töten. Schnell breitete sich die Welle der Judenpogrome aus, im Januar 1349 in Basel und im Februar desselben Jahres schließlich auch in Straßburg.
Dort hatte der Magistrat der Stadt zunächst noch versucht, die Juden zu schützen, musste sich am Ende aber dem Druck der Zünfte und vieler Einwohner beugen und duldete das nun folgende „Valentinstagsmassaker“ an der jüdischen Bevölkerung.
In Wirklichkeit standen hinter der Tat aber wohl vor allem wirtschaftliche Interessen. Viele der führenden Aufrührer hatten sich in der Vergangenheit besonders hoch bei Juden verschuldet und sahen nun eine Möglichkeit, sich dieser Schulden zu entledigen.
So wurde das Vermögen der Juden Straßburgs in der Folge unter den Zunftmitgliedern verteilt und manch ein Handwerker konnte sich daran massiv bereichern.
Auch der Straßburger Rat, sicherte sich große Teile des Vermögens und wurde so zum Nutznießer des Massenmordes.
In den nächsten Monaten setzte sich der Völkermord in vielen Städten, vor allem entlang des Rheines fort. In Mainz, wo zu dieser Zeit sogar die größte jüdische Gemeinde Europas lebte, sahen die jüdischen Bürger keine andere Möglichkeit mehr, als sich in ihren Häusern selbst zu verbrennen. Auch die Juden in Städten wie Freiburg, Köln, Brüssel, Antwerpen um nur einige Orte zu nennen blieben von Massakern nicht verschont.