Hans und Hilde Brünig, Münster: Die Hinrichtung der Anführer der Münsteraner Wiedertäufer (22. Januar 1536)
Dienstag, den 22. Januar 2008“Oh Hilde, gerade habe ich von Jupp Martens erfahren, dass es nun Wirklichkeit geworden ist, die Ketzer haben die Macht über unsere schöne Stadt gewonnen. Wie konnten nur so viele meiner Nachbarn, Freunde und Mitbürger auf dieses Handwerkerpack hereinfallen. Nun haben wir wenigen noch verbliebenen Rechtgläubigen die Rechnung präsentiert bekommen, entweder schließen wir uns den Ketzer an oder verlassen unsere Heimatstadt.“ „Hans, ich hol die Kinder, das Nötigste ist längst in Truhen verstaut, dann können wir noch heute aufbrachen.“ „Ich kann doch nicht meine geliebte Heimatstadt verlassen, in der meine Familie seit Generationen lebt, die meine Vorväter mitaufgebaut haben.“ „Aber Hans, Du kannst doch nicht zum Ketzer werden, was ist Heimatliebe im Vergleich zum wahren Glauben!“ „Ich habe meine Wahl getroffen, sie fiel mir nicht leicht, doch es muss wohl so sein. Wir werden uns noch in dieser Woche taufen lassen. Anschließend können wir hoffentlich in Frieden weiter leben und unserem Geschäft nachgehen.“
Ein Jahr später. „Hans, ich weiß nicht ein noch aus, die Kinder hungern, von mir selbst mag ich gar nicht erst reden und Du siehst seit Wochen nur noch wie ein Schatten deiner selbst aus.“ „Ach Hilde, dann versuch doch auf dem Markt noch irgendetwas zu bekommen - wer den rechten Preis zahlt, wird schon noch etwas zu Essen auftreiben.“ „Dort gibt es schon lange nichts mehr, die Leute sind schon dazu übergegangen, Kalk von den Kirchenwänden mit Wasser zu vermischen und den Kindern als Milch vorzusetzen!“ „Ich weiß nicht mehr ein noch aus Hilde. Vielleicht hätten wir damals doch fliehen sollen, doch jetzt ist es zu spät. Wohin sollen wir uns wenden, die Stadt ist von Truppen umgeben, sodass wir gezwungen sind weiter auszuharren.“ „Gott steh uns bei.“
Wiederum ein Jahr später. „Ha, heute ist es nun soweit, den drei obersten Ketzern und ihrem grausigen Treiben wurde ein Ende gesetzt. Haben die geschrieen und gejammert – recht so! Vergeltung für all die Dinge, die sie uns in den letzten Jahren angetan und abverlangt haben.“ „Ist es wahr, was mir die Nachbarin erzählte, die drei Täufer Leyden, Krechting und Knipperdolling wurden in Käfigen an den Kirchturm gehängt, wo ihre Überreste den Raben preisgegeben sind?“ „Genauso ist es Hilde! Diese Unwürdigen haben heute ein gerechtes Ende gefunden!“Die Hoffnungen des fiktiven Münsteraner Ehepaares sollten bald in Erfüllung gehen. Am 24. Juni 1535 wurde Münster nach blutigen Kämpfen eingenommen. Am 22. Januar 1536 wurden die drei Führer der Täufer Jan van Leyden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling vor dem Rathaus gefoltert und hingerichtet. Ihre verstümmelten Leichen wurden zur Abschreckung in drei eisernen Körben am Turm der Lambertikirche aufgehängt, wo sie auch heute noch zu sehen sind.
Vorausgegangen war diesen Ereignissen die Errichtung des Täuferreichs von Münster, dessen Anhänger aus einer radikalisierten Form der Reformationsbewegung hervorgegangen waren. Bei den Ratswahlen am 23. Februar 1534 konnte die Täuferbewegung unter Führung von Jan Mathys die Mehrheit erzielen und stellten allen Gegner ein Ultimatum: Entweder sie ließen sich taufen und identifizierten sich mit der Täuferpartei oder sie mussten die Stadt bis zum 27. Februar 1434 verlassen.
Nach dem Tod des Jan Mathys wurde Jan van Leiden zum Anführer der Täuferbewegung in Münster. Unter ihm setzte eine weitere Phase der Radikalisierung ein. Auf Grund des hohen Frauenanteils an der Bevölkerung wurde die Polygamie eingeführt. Nach erfolgreicher Abwehr eines Angriffs der Belagerer lies sich Jan van Leiden zum König über das „Königreich Zion“ krönen. Währenddessen herrschte in der belagerten Stadt eine Hungersnot. Den Belagerern gelang es die als uneinnehmbar geltende Stadt Münster auszuhungern. Am 24. Juni 1435 öffnete der Schreiner Heinrich Gresbeck den Belagerern ein Stadttor, womit dem Täuferreich von Münster ein Ende gesetzt wurde.