Archiv der Kategorie ‘Deutsche Geschichte‘


Reto Schmocker: Amerikanischer Bombenangriff auf Schaffhausen (1. April 1944)

Dienstag, den 1. April 2008

Wieder Fliegeralarm.
Wieder das Heulen der Sirenen.
Wieder das Dröhnen der Bomber, die über unsere Stadt hin nach Süddeutschland einfliegen, um dort Ihre Bomben über den Städten und Fabriken des Nazi-Regimes zu entladen.
Wohin sie dieses Mal wohl fliegen?
Nach Konstanz? Oder nach Freiburg? Vielleicht auch nach Reutlingen oder Stuttgart.
Wer kennt schon ihr Ziel?
Wenn dieser unseelige Krieg nur endlich vorbei wäre.
Dann könnten auch wir wieder besser schlafen. Hätten auch wir wieder mehr Ruhe und all die Zerstörung und das Elend hätten ein Ende.
Wenn diese Faschisten in Deutschland endlich besiegt wären, wenn auch wir frei sein könnten von Angst, wenn wir auch einmal nicht mehr in die Keller müssten - Obwohl wir selbst gar nicht beteiligt sind.
Was ist das? Eine Explosion. Ganz in der Nähe, hier in Schaffhausen.
Ob ein alliierter Bomber abgestürzt ist?
Noch ein Knall. Lauter noch als zuvor.
Was ist das?
In den Fliegeralarm dringt das Heulen anderer Sirenen. Feuersirenen.
Da, der Feuerschein dringt durch das Fenster.
Was ist das? Wieder eine Explosion. Und noch eine. Immer mehr.
Ganz nah.
Ich blicke durch das Fenster. Nicht fern brennt es. Das Leuchten der Flammen dringt zu mir.
Und auch hier, vielleicht hundert Meter links von mir. Dieses Feuer, das muss der Wohnblock eine Straße weiter sein.
Sie bombardieren uns! Warum uns?
Doch in den Keller. Schnell. Da ist es sicher. Aber warum nur? Schnell, die Treppe hinunter. In den Keller. In den Keller. Muss mich retten.

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(Der Film stammt von: Idee Suisse - Multimediale Chronik der Schweiz)

Am 1. April 1944 bombardierten mehrere amerikanische Bomberstaffeln aus insgesamt ca. 30 Bombern bestehend, die Stadt Schaffhausen in der Schweiz.
Die Schweiz hatte sich zu Beginn des 2. Weltkriegs für neutral erklärt, aber zur Absicherung gegen einem Angriff von außen auch das eigene Militär mobilisiert.
Vor allem nach der Kapitulation Frankreichs befand sich die Schweiz, nun von den Achsenmächten umschlossen, in einem ständigen Alarmzustand.
Die andauernden Verletzungen des schweizerischen Luftraums durch beide Kriegsparteien sorgten wiederholt für Luftalarm auf Schweizer Gebiet. Immer wieder fielen fehlgeleitete Bomben auf Schweizer Territorium.
Bei dem schwersten Bombenangriff auf Schweizer Gebiet am 1. April 1944 starben 37 Menschen, ca. 100 wurden teils schwer verletzt und über 300 obdachlos.
Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfolgte der Angriff auf Schaffhausen zufällig, allerdings gibt es auch Gerüchte, der Kanton Schaffhausen habe Nazi-Deutschland unterstützt und sei aus diesem Grund bombardiert worden. Belege hierfür fehlen aber.
Unbestritten ist, dass die Schweiz zumindest dem Vermögen der Nationalsozialisten und des Dritten Reichs als „Zufluchtsort“ diente und bei Kriegsende oft Teil der Fluchtroute von NS-Kriegsverbrechern war.

Friedrich II., der Große: Kartoffelbefehl (24. März 1756)

Montag, den 24. März 2008

Es ist von Uns in höchster Person in Unsern andern Provintzien die Anpflantzung der so genannten Tartoffeln, als ein nützliches und so wohl für Menschen, als Vieh auf sehr vielfache Art dienliches Erd Gewächse, ernstlich anbefohlen. Da wir nun bemercket, daß man sich in Schlesien mit Anziehung dieses Gewächses an den mehresten Orten nicht sonderlich abgiebet. Als habt Ihr denen Herrschaften und Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd Gewächses begreiflich zu machen, und denselben anzurathen, daß sie noch dieses Früh-Jahr die Pflantzung der Tartoffeln, als einer sehr nahrhaften Speise unternehmen.

In der Mitte des 16. Jahhrunderts wurde die Kartoffel von Francisco Pizarro, einem spanischen Konquistador, aus Südamerika nach Europa gebracht. Von Spanien aus gelangte die Knolle 1565 auch nach Deutschland, wo sie aber zunächst wegen ihrer schönen Blüte bewundert wurde und dementsprechend Aufnahme in botanische Gärten und Gartenanlagen von Fürsten oder Geistlichen fand, die bedeutende ernährungstechnische Funktion der Kartoffel hatte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt. Vielmehr war sie viel zu kostbar, als dass man sie verzehren wollte. Hinzu kam, dass einige Versuche, die Knolle aus Südamerika zu verspeisen mit Magenbeschwerden und Vergiftungserscheinungen endeten, sodass der Kartoffel bald ein schlechter Ruf anhaftete.
Damit hinkten die Europäer den Völkern in Südamerika weit hinterher, denn hier wurden verschiedene Sorten kultiviert, die bereits hoch entwickelt und so den verschiedenen Anbauverhältnissen und Verwendungszwecken angepasst waren. Die Patata, wie die Kartoffel bei den Einheimischen genannt wurde, war vor allem in den kargen Landschaften der Anden ein Hauptnahrungsmittel.
Bis die Kartoffel Eingang in die europäischen Küchen fand, sollte einige Generationen dauern. In Irland wurde sie allerdings bereits zu Beginn des 17. Jahhrunderts in größerem Umfang angebaut und verzehrt. Gründe für diese für Europa führende Rolle im Kartoffelanbau sind mit der wirtschaftlichen Lage des Landes und den daraus resultierenden sozialen Verhältnissen zu erklären. Da Irland englische Kolonie war, musste große Teile der landwirtschaftlichen Produktion nach London geliefert werden, sodass weite Teile der Landbevölkerung Irlands in Armut lebten. Die Kartoffel brachte nun den entscheidenden Vorteil, dass sie größere Erträge als Getreide lieferte und auch in der Verabeitung leichter zu handhaben war als Getreide.
Auf Grund der isolierten Lage Irlands in Europa sollte es aber bis ins 18. Jahrhundert dauern, ehe andere europäische Staaten damit begannen, die Kartoffelpflanzen aus den Botanischen Gärten auf die Äcker der Bauern umzusiedeln.
Gemälde 'Der König überall von Robert Warthmüller' von 1886Im deutschen Gebiet wurden ab 1647 die ersten Kartoffeln als Nutzpflanzen kultiviert. In Preußen sorgte Friedrich II. mit Nachdruck für die Ausweitung des Kartoffelanbaus. Um seine Propagandamaßnahmen für die nahrhafte Knolle ranken sich zahlreiche Erzählungen, deren Wahrheitsgehalt nicht mehr vollständig zu überprüfen ist. So soll Friedrich zum Beispiel in der Umgebung von Berlin Kartoffelfelder anlegen lassen haben, die dann von Soldaten bewacht werden sollten. Allerdings hätten diese Wachsoldaten die Anweisung erhalten, sich schlafend zu stellen, um den Bauern aus der Umgebung die Entwendung der Bodenfrucht zu ermöglichen, denn diese sollten so auf den Geschmack der Kartoffel gebracht werden und sie in der Folge selbst anbauen. Ob diese Anekdote nun der Wirklichkeit entspricht bleibt dahingestellt. Sicher ist aber, dass Friedrich II. seit 1750 mehrere Versuche unternommen hat, um den Kartoffelanbau in Preußen zu verbreiten. Zu diesen Maßnahmen gehörte die kostenlose Ausgabe von Saatgut sowie die Überwachung des Anbaus durch Soldaten. Mit seiner Circular-Ordre vom 24. März 1756 die den Kartoffelanbau anordnete, verschaffte er diesem schließlich den Durchbruch auf deutschem Boden.
In der direkten Folge wurde die Kartoffel für die einfachere Bevölkerung zur Hauptnahrungsquelle, was sich zunächst positiv auswirkte, indem die durch den Dreißigjährigen Krieg gesunkene Bevölkerungszahl wieder anstieg. Doch für weite Bevölkerungsteile wurde die Kartoffel schließlich zur nahezu einzigen Nahrungsquelle was bei Missernten zu Hungersnöten führte, da dann die Preise für andere Nahrungsmittel wie Brot in unermessliche Höhen stiegen, was wiederum eine Folge des geringer gewordenen Getreideanbaus zu Gunsten der Kartoffel war.

(Das Bild zeigt das Gemälde ‘Der König überall von Robert Warthmüller’ aus dem Jahr 1886)

Norbert Bloom: Prozess gegen Matthias Lackas (14. März 1944)

Freitag, den 14. März 2008

Schon seit August letzten Jahres zittern mir die Knie, denn damals wurde Matthias Lackas verhaftet, kurz darauf einige Personen aus seinem Umfeld, sodass ich jeden Tag fürchte, dass es auch an meiner Tür mitten in der Nacht klopft und ich zum Verhör abgeholt werde. Schließlich bin ich nicht ganz unwissend was die Geschäfte mit den Papierkontingenten angeht. Immer wenn es darum ging, Dinge zu beschaffen, die es auf dem Markt eigentlich schon längst nicht mehr gab, kam Matthias auf mich zu und nahm meine weitverzweigten Kontakte in Anspruch. Ganz gleich was seine Kunden begehrten, ich wusste Mittel und Wege den feinsten Kaffee, die aromatischsten Zigarren und die glänzendsten Nylonstrümpfe zu beschaffen und sie auf sichere Weise ins Reich zu schmuggeln. Sehr begehrt waren auch immer die großen Weine aus Frankreich, die ich durch meine guten Kontakte zu beschaffen vermochte.
Doch heute frage ich mich, ob es das Risiko wert war. Zu viel ist in letzter Zeit geschehen, zu viele Bekannte und Kontaktpersonen sind auf unerklärliche Weise von der Bildfläche verschwunden, manche haben sich auch einfach zurückgezogen, weil ihnen die Geschäfte nicht mehr sicher genug erschienen.
Heute soll nun der Prozess gegen Matthias und einige andere Eingeweihte beginnen, für mich ist es nun höchste Zeit meine Kontakte zu nutzen und einen Aufenthalt in der Schweiz zu arrangieren, dort bin ich noch nicht ganz von der Bildfläche verschwunden und kann meine Geschäfte, zumindest in gewissem Umfang weiter betreiben, gleichzeitig bin ich aber nicht mehr in der unmittelbaren Reichweite der Ankläger, sodass ich mich nicht mehr jede Nacht unruhig und nervös von einer Seite zur anderen drehen muss, auf der Straße nicht vor jedem Schatten zurückschrecke und wieder ein normales Leben führen kann.

Gerichtsdokument des Zentralgericht des Heeres - fikitv, kein Originaldokument

Am 26. August 1943 wurde der Buchhändler und Verlagsvertreter Matthias Lackas festgenommen, da Korruptionsvorwürfe gegen ihn erhoben worden waren.
Lackas wurde zusammen mit einigen Wehrmachtsangehörigen verdächtigt illegale Geschäfte mit Wehrmachtsstellen getätigt zu haben. Im Laufe des Verfahrens, das bis zum 22. April 1944 andauerte wurden außerdem Verdächtigungen gegen den Verlag C. Bertelsmann aus Gütersloh laut, die besagten, dass Bertelsmann über Lackas gegen die Bestimmungen zum Buchverkauf an die Wehrmacht verstoßen hatte. In diesem Zusammenhang wurden im Januar 1944 einige Angestellte des Gütersloher Verlages festgenommen.
Der Prozess, der nicht nur gegen Lackas, sondern auch gegen zwei seiner Mitarbeiter – Karl Heinz Moldt und Eberhard Ritter von Riewel, geführt wurde, fand vor dem Feldgericht der Werhmachtskommandantur statt und wurde als Geheimprozess behandelt. Den drei Angeklagten wurde zur Last gelegt, sich an den Buchgeschäften des Heeres und der Luftwaffe privat bereichert zu haben. Am 24. April 1944 wurde Matthias Lackas zum Tode verurteilt, gegen die beiden Mitangeklagten wurden Freiheitsstrafen verhängt.
Ein Gnadengesuch für Lackas, das seine Schwester stellte, wurde abgelehnt, ein vom Verurteilten persönlich gestelltes ebenso. Ein Grund für die Ablehnung der Begnadigung ist darin zu sehen, dass Lackas im Folgeprozess gegen den Verlag C. Bertelsmann erneut verhört werden sollte.
Anfang 1945 wurde Matthias Lackas in einem Sammeltransport an die Ostfront geschickt. In der Umgebung von Pilsen, das in dem Moment bombardiert wurde, ließ das Begleitpersonal die Gefangenen frei, sodass sich Lackas in den Westen begeben konnte, wo er in die Gefangenschaft der Amerikaner geriet.
Nach dem Krieg konnte Lackas wieder im Verlagswesen arbeiten und gründete den Perlen-Verlag, der 1963 in Südwest-Verlag umbenannt wurde. 1968 starb Matthias Lackas an Krebs.
In Kontakt mit der Wehrmacht war Matthias Lackas 1941/42 gekommen, als er zum Geschäftsführer der Versandbuchhandlung Arnold in Berlin, einem Unternehmen des Deutschen Verlags ernannt wurde. In dieser Stellung bot er der Wehrmachstdienssttelle unter Heinrich Schepelmann, dem Leiter für das Referat Luftwaffenbüchereiwesen in der Wehrbetreuung, Berlin, die Zusammenstellung kompletter Lazarett-Büchereien an. Das Problem in diesem Angebot lag darin, dass Schepelmann und Rolf Roeingh, der Gründer des Deutschen Archiv Verlags befreundet waren, und Schepelmann unter Korruptionsverdacht geraten wäre, hätte er die benötigten Bücher ausschließlich über den Verlag des Freundes bezogen. Dieses Problem löst Lackas, in dem er öffentliche Dienststellen dazu bewegt, ihre Buchbestellungen bei verschiedenen Verlagen über die Buchhandlung Arnold abzuwickeln. Zuvor hatte Lackas mit den betreffenden Verlagen günstige Konditionen ausgehandelt. Um die öffentlichen Dienststellen zu einer langfristigen Zusammenarbeit zu bewegen, versorgt er diese mit Waren vom Schwarzmarkt oder aus dem Ausland wie zum Beispiel Kaffee und Zigaretten.
Mitte des Jahres 1942 kommen erstmals Korruptionsvorwürfe gegen Lackas auf, die letztendlich im Dezember desselben Jahres zum Bruch mit dem Deutschen Verlag führten. Die folgende Einberufung an die Front kann unter anderem durch Schepelmann verhindert werden. Lackas wechselt in der Folge zum Deutschen Archiv Verlag. Anschließend wurde eine komplizierte Abmachung zwischen Schepelmann, Roeingh und Lackas zur weiteren Buchversorgung der Luftwaffe geschlossen. Es wurde unter anderem vereinbart, dass Rabatte, die verschiedene Verlage wie z.B. Bertelsmann gewährten nicht an die Luftwaffe weitergegeben werden sollten, sondern in die Taschen der Beteiligten flossen, indem die Luftwaffe die Bücher über Lackas weiterhin zum Handelspreis kaufte.
Im Laufe der Zeit kommt es zu Komplikationen zwischen Lackas und dem Deutschen Verlag, die schließlich dazu führen, dass Anfang 1943 die Reichsschrifttumskammer eingeschaltet wird.
Nachdem Walter Pinskis verhaftet und verhört wurde, mit dessen Dienstelle Lackas in seiner Zeit beim Deutschen Archiv Verlag zusammengearbeitet hatte, wurde die Verhaftung von Matthias Lackas eingeleitet.