Archiv der Kategorie ‘Deutsche Geschichte‘


Ein Frankfurter Patrizier: Hinrichtung der Rädelsführer des Fettmilch-Aufstandes (28. Februar 1616)

Donnerstag, den 28. Februar 2008

Die Meute hat sich auf dem Roßmarkt versammelt, um dem Ende von Vinzenz Fettmilch beizuwohnen, um Zeuge seiner Hinrichtung zu sein. Lange genug hat es gedauert, bis es soweit gekommen ist und ihm und seinen Kumpanen überhaupt erst der Prozess gemacht wurde, wer erhebt schließlich schon das Wort gegen einen der einflussreichsten Männer der Stadt? Die Hinrichtung von Vinzenz Fettmilch und seinen AnhängernDazu gehört nicht nur eine Anklage, sondern auch Mut, denn einflussreiche Männer stehen selten alleine da, sondern können sich auf eine Anhängerschaft verlassen, die dem Einzelnen das Leben schwer machen kann, doch dieser Einzelne, der bereit war dieses Risiko auf sich zu nehmen war schließlich gefunden. Sein Mut wurde belohnt, indem am heutigen Tag auf dem Roßmarkt in Frankfurt zu Ende geführt wird, was bereits im Herbst 1614 eingeleitet wurde.
Nun wird wieder Ruhe in unsere Stadt einkehren, Kaiser Matthias wird zufrieden sein, diesen Unruhepunkt im Heiligen Römischen Reich beseitigt zu wissen und seine Aufmerksamkeit fortan wieder wichtigeren Dingen zuwenden zu können.
Dieses Urteil wird auch zukünftigen Unruhestiftern eine Lehre sein, denn wer sich der Majestätsverbrechen schuldig macht, wie es Fettmilch und seine Kompagnons getan haben, der wird dies bitter bereuen, da er mit dem Leben dafür büßen muss.

Der Lebkuchenbäcker Vinzenz Fettmilch und sieben seiner Gefährten wurden am 28. Februar des Jahres 1616 auf dem Roßmarkt der Stadt Frankfurt am Main hingerichtet, nachdem ihnen allen zunächst der Schwurfinger abgeschlagen worden war.
Ausgelöst worden war diese Situation durch den so genannten Fettmilch-Aufstand des Jahres 1614, während dem der Anführer der Frankfurter Zunftmeister Vinzenz Fettmilch die Stadttore besetzten und den Rat der Stadt auflösen ließ. In der Folge ließ Kaiser Matthias jedem Frankfurter die Reichsacht androhen, der sich nicht bereit erklärte, sich ihm durch einen Eid zu unterwerfen. Die Beteiligten des Aufstandes, die bisher davon ausgegangen waren, den Kaiser auf ihrer Seite zu haben, zogen am 22. August 1614 durch die Stadt und stürmten schließlich die Judengasse, das jüdische Ghetto der Stadt. Nachdem zahlreiche Juden aus Furcht vor den Eindringlingen geflohen waren, kam es zu Plünderungen und Verwüstungen in der Frankfurter Judengasse. Erst durch das Einschreiten der Bürgerwehr konnten die Unruhen am späten Abend eingedämmt werden. Am nächsten Tag erzwang Fettmilch die Vertreibung aller Juden aus der Stadt. Die Vertreibung der Juden aus Frankfurt im Zuge des Fettmilch-Aufstandes
Dieser Schritt ließ das Ansehen Fettmilchs und die Zahl seiner Anhänger rasch sinken.
Am 28. September des Jahres 1614 wurde über Fettmilch und zahlreiche seiner Anhänger die Reichsacht verhängt, da sie als Anführer des so genannten Fettmilch-Aufstandes ausgemacht worden waren. Allerdings fasste erst Ende November 1614 ein Schöffe der Stadt Frankfurt den Mut und verhaftete den bis dahin mächtigsten Mann der Stadt am Main.
Der Prozess gegen die mutmaßlichen Anstifter des Aufstandes zog sich über ein Jahr hin. Die Beschuldigten wurden schließlich nicht wegen der Ausschreitungen, die sich gegen die jüdischen Einwohner der Stadt gerichtet hatten, sondern wegen Majestätsverbrechen angeklagt, da sie Befehle des Kaisers ignoriert hatten.
Ausgelöst worden war der Konflikt durch die Misswirtschaft des Frankfurter Rates und die nach mehr Einfluss strebenden Zünfte, deren politisches Programm von Beginn an von Ressentiments gegenüber den Juden geprägt war.
Erste Unruhen entstanden am 9. Juli 1612 anlässlich der Wahl von Kaiser Matthias. Zu diesem Anlass wäre es üblich gewesen, dass der Rat die Privilegien der Stadt öffentlich verlesen hätte, da sich der Rat diesem Brauch verweigerte, kamen Gerüchte auf, die besagten, der Rat wolle diese Privilegien einschränken oder gar abschaffen. Parallel dazu kam es zu Forderungen nach einer stärkeren Beteiligung der Zünfte am Rat, der bisher von den Patriziern dominiert wurde. Gleichzeitig kamen andere Forderungen verschiedener Gruppierungen auf, die die Situation verschärften.
Im Streit um die Verlesung der Privilegien wandten sich die Zünfte, zu deren Anführer Vinzenz Fettmilch geworden war, an Kaiser Matthias, der sich anlässlich seiner Krönung in der Stadt befand. Dieser weigerte sich zunächst, sich in die innerstädtischen Angelegenheiten einzumischen, setze aber schließlich eine Schlichtungskommission ein, um die bestehenden Probleme aus der Welt zu schaffen.
In der Folge wurde eine neue Stadtverfassung geschaffen, die u.a. vorsah, dass ein Ausschuss der Zünfte die Rechnungsbücher der Stadt prüfen sollte. Anlässlich der ersten Prüfung der Bücher stellte sich 1613 heraus, dass die Stadt Frankfurt hoch verschuldet war, was vornehmlich auf Veruntreuung und Misswirtschaft der Gelder durch den Rat zurückzuführen war. Zudem fiel auf, dass die Schutzgelder, die die Juden an die Stadt zahlen mussten, nicht in die Stadtkasse geflossen, sondern unter den Ratsmitgliedern verteilt worden waren. Dies führte zu Gerüchten, dass die jüdische Bevölkerung gemeinsame Sache mit den Patriziern machen würde.
In den Unterlagen des Rates fand sich auch eine Urkunde Kaiser Karl IV. In der er im Jahr 1349 seine Herrschaftsrechte über die Juden an die Stadt Frankfurt abgetreten hatte. In dieser Urkunde fand sich die Aussage, dass der Kaiser die Stadt nicht verantwortlich machen würde, sollte einem jüdischen Einwohner ein Unrecht widerfahren sollte (z.B. Totschlag). Diese verhängnisvolle Aussage wurde von einigen Einwohnern als Legitimation für Ausschreitungen gegen Juden bewertet.
Als der Rat keine Belege für den Verbleib der fehlende Summe in der Stadtkasse bringen konnte, kam es zum so genannten Fettmilch-Aufstand.

Anonym: Reichstagsbrand (28. Februar 1933)

Mittwoch, den 27. Februar 2008

Es brennt! Es brennt! Ich sehe den Schein der Flammen, das Leuchten, die Wärme. Ist das nicht wunderbar? Ach wie herrlich es lodert! Da, ich höre ein Fenster zerspringen – klirr – noch eins – klirr, klirr, jetzt gleich zwei! Hah!
Und das Knarzen des Gebälks, wie ein Schrei des Holzes, dass sich nicht mehr gegen die Hitze, gegen diese wunderschön lodernden Flammen wehren kann!Reichstagsbrand am 28. Februar 1933
Bald wird noch mehr brennen, hier in Deutschland, noch mehr Scheiben werden klirren und nicht nur das Holz wird schreien, nein auch die Schreie der Menschen werden durch die Straßen gellen.
Ich höre sie schon. Sie schreien. Sie schreien immer lauter – wie der Stein, der birst in diesem Gebäude.
Es brennt!
Ist sie nicht wunderbar, diese Wärme, diese Hitze, die von da drüben ausgeht?
Und diese Flamme wird das ganze Reich erfassen.
Bald werden auch die Feinde Deutschlands brennen.
Ich habe es begonnen und es wird erst enden, wenn keiner mehr da ist, keiner, der uns ein Feind ist!
Ja, auch sie werden brennen!
Ich, ich, ich – ja, ich gebe den Auftakt.
Und der arme Tropf, den sie dafür anklagen werden! Hah! Ich habe kein Mitleid. Es trifft sicher schon den richtigen.
Alles zum Wohle des Vaterlandes. Ein Feuerchen, das Reich zu nähren.
Klirr, da ist es wieder, das Zerbersten der Fensterscheiben. Hach ist das nicht wunderbar?
Bald werden sie büßen! Die Kommunisten! Ich habe dafür gesorgt! Für das Vaterland! Das Vaterland muss brennen vor Hass gegen alle Feinde.
Klirr, Klirr, Klirr. Wie herrlich, diese Hitze! Spürt IHR SIE AUCH?
Es brennt! Wie schön. Aber nun ist es soweit, ich muss den Verdacht auf andere lenken. Habe mich lange genug ergötzt an diesem wunderbaren Anblick!

Feuer, Feuer, Feuer!!!
Schnell! Der Reichstag brennt! Schnell der Reichstag brennt!
Die Kommunisten waren es, ja ich habe gesehen! Die Kommunisten waren es!

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1933 brannte in Berlin das Reichstagsgebäude.
Marinus van der Lubbe Noch am Ort des Geschehens wurde der junge Kommunist Marinus van der Lubbe festgenommen.
Die Täterschaft des damals 24 jährigen Niederländers war und ist umstritten, zumal die Nationalsozialisten den Brand des Reichstags zum Anlass nahmen noch am 28.2. die Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat durch Reichspräsident Hindenburg zu erwirken.
Durch diese wurden viele Bürgerrechte radikal beschnitten so z.B. das Recht zur freien Meinungsäußerung und die Pressefreiheit. Die Verordnung, die einen weiteren Schritt zu Hitlers kompletter Machtergreifung bedeutete, bildete auch eine der Grundlagen für die Gleichschaltung und Zentralisierung des Deutschen Reiches.
Darüber hinaus diente sie als Vorwand, gegen die deutschen Kommunisten, deren Reichtagsmandate nur wenige Tage nach dem Erlass der Verordnung ungültig wurden, und andere missliebige politische Gruppierungen, vorzugehen,
Eine Erweiterung der Verordnung führte in der Folge zur weiteren Einschränkung der Grundrechte, am Ende zu ihrer gänzlichen Untergrabung.
Der Brand des Reichstags kam, wie sich leicht sehen lässt, den Nationalsozialisten sehr gelegen – und somit läge es nahe, van der Lubbe nur als Opfer zu sehen.
So war dies auch bis in die 60er Jahre hinein die vorherrschende Meinung der deutschen Geschichtsforschung.
In der Folge kamen aber auch diverse Historiker zu der Schlussfolgerung, van der Lubbe könnte doch ein Einzeltäter gewesen sein, was in den Jahren danach zu einer deutlich emotional geprägten Debatte führte.
Bis heute ist die Diskussion über die Täterschaft noch nicht beendet und die Theorien, die für eine Brandstiftung der Nationalsozialisten sprechen sind im Ergebnis nicht stichhaltiger als die, die die Täterschaft van der Lubbe zusprechen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob man durch weitere Untersuchungen zu einem eindeutigen Ergebnis kommen kann, oder ob die Frage nach dem Brandstifter des Reichstags für immer ein Rätsel der Geschichte bleiben wird.

Uraufführung von „De Waber“ (26. Februar 1893)

Dienstag, den 26. Februar 2008

DER ALTE BAUMERT (springt auf, hingerissen zu deliranter Raserei): Haut und Hemde. All’s richtig, ‚s is der Armut Haut und Hemde. Hier steh ich, Rober Baumert, Webermeister von Kaschbach. Wer kann vortreten und sagn … Ich bin ein braver Mensch gewest mei Lebelang, und nu seht mich an! Was hab ich davon? Wie seh ich aus? Was haben se aus mir gemacht? Hier wird der Mensch langsam gequält. (Er reckt seine Arme hin.) Dahier, greift amal an, Haut und Knochen. Ihr Schurken all, ihr Satansbrut!! (Er bricht weinend vor verzweifeltem Ingrimm auf einem Stuhl zusammen).
ANSORGE (schleudert den Korb in die Ecke, erghebt sich, am ganzen Leib zitternd vor Wut, stammelt hervor): und das muß anderscher wern, sprech ich, jetzt uf der Stelle. Mir leiden’s ni mehr! Mir leiden’s ni mehr, mag kommen was will. [...]

Ein Plakat zu Hauptmanns Drama 'Die Weber' von Emil Orlik

BÄCKER: Was wir nicht gutwillig kriegen, das nehmen wir mit Gewalt.
DER ALTE HILSE: Mit Gewalt? (Lacht.) nu da laßt euch bald begraben dahier. Se wern’s euch beweisen, wo de Gewalt steckt. Nu wart ock, Pirschl!
JÄGER: Etwa wegen a Soldaten? Mir sein auch Soldat gewest. Mit a paar Kompanien wern mir schonn fertig werden.
DER ALTE HILSE: Mid’n Maule, da gloob ich’s. Und wenn ooch: zwee jagt’r naus, zehne kommen wieder rein.
STIMMEN (durchs Fenster): Militär kommt. seht euch vor!
(Text: Gerhart Hauptmann)

Am 26. Februar 1893 wird Gerhard Hauptmanns Drama in Dialektform „De Waber“ im neuen Theater in Berlin exklusiv für die Mitglieder der Freien Bühne uraufgeführt. Erst mehr als ein Jahr später, am 25. September 1984 kommt es zur öffentlichen Aufführung des Dramas „Die Weber“ im Deutschen Theater in Berlin.
Hauptmann schildert in diesem Drama, das im Allgemeinen als sein bedeutendstes Werk gilt, das Schicksal der schlesischen Weber, die sich im Jahr 1844 im bekannten Schlesischen Weberaufstand erhoben hatten. Gerhart Hauptmann
Grund für diesen Aufstand waren die sozialen Umstände, die die Weber in dieser Region besonders hart trafen. Zum einen waren die meisten Weber einem Feudalherren verpflichtet und mussten Diesem Abgaben leisten und zum anderen waren sie Heimarbeiter, die einem so genannten Verleger zuarbeiteten. Da durch die einsetzende Industrialisierung vor allem in England immer mehr mechanische Webstühle eingesetzt wurden, kam es zu einem deutlichen Preisverfall, den die Weber in Schlesien durch schnellere und längere Arbeit auszugleichen versuchten. Bereits Kinder wurden in die Arbeiten einbezogen. Die Anschaffung von modernen Webstühlen war für die einzelnen Weber nicht zu finanzieren, sodass sie keine Chance hatten mit ihrer Produktion mit den technischen Neuerungen mitzuhalten.
Erschwerend hinzu kam noch, dass das Eulengebirge zu einer der bevölkerungsreichsten Regionen in Schlesien zählte und es daher einen Arbeitskräfteüberschuss gab.
Am 3. Juni 1844 erhoben sich die Weber schließlich und zogen zur Firma der Gebrüder Zwanziger, die als Verleger tätig waren. Einige Anführer des Aufstandes wurden verhaftet und damit schien für die Brüder Zwanziger das Problem beseitig zu sein, doch am 4. Juni formierte sich ein Protestzug, der die Befreiung der inhaftierten Weber sowie Lohnerhöhungen forderte. Da die Brüder Zwanziger jegliche Verhandlungen ablehnten, stürmte die aufgebrachte Menge das Anwesen, zerstörte die Einrichtung und zwang die Besitzer zur Flucht nach Breslau.
An den folgenden Tagen zogen die Weber auch zu anderen Fabrikanten und Verlegern, um dort ihre Forderungen geltend zu machen. Wer sich ihnen widersetzte, hatte ähnliche Konsequenzen zu spüren bekommen wie die Gebrüder Zwanziger.
Schließlich griff das preußische Militär ein und schlug den Weberaufstand am 6. Juni 1844 nieder. Zahlreiche Weber wurden verhaftet und verurteilt.
Gerhard Hauptmann schildert die damaligen Zustände in sehr eindringlicher Weise, indem er nicht einzelne Protagonisten in den Vordergrund treten lässt, sondern das Schicksal einer ganzen Gruppe von Webern schildert.

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