Kenny van de Tayl, Schiffsjunge: Wiederentdeckung des Quastenflossers (23. Dezember 1938)
Dienstag, den 23. Dezember 2008Langsam kann ich keinen glitschigen Fisch mehr sehen, aber macht auch nichts, denn ab morgen habe ich drei Tage frei. Hat der Käpt’n mir doch wirklich gesagt, dass er das Schiff über Weihnachten im Hafen lässt. Er wird an Bord sein und sich um die Maschinen kümmern, aber ich darf zu meiner Familie! Hoffentlich kriege ich den Fischgeruch irgendwie von der Haut, denn Emily wird sicherlich auch da sein und ich möchte nicht, dass sie einen schlechten Eindruck von mir bekommt.
Aber bevor ich mir darüber Gedanken mache, muss ich erstmal zusehen, dass wir den Fang von Bord kriegen. War ja schon ein seltsames Viech dabei heute. So etwas hab ich noch nie gesehen, aber egal, scheint was dran zu sein an diesem Fisch. Vielleicht schmeckt er ja auch besonders gut, wäre doch ein schöner Schmaus zu Weihnachten.
Aber da wird diese Lady, die Bekannte vom Käpt’n, was dagegen haben, die ist schließlich immer an komischen Fischen interessiert. Was die hier schon mitgenommen hat. Dann wird es wohl nichts mit einem ausgefallenen Fisch zu Weihnachten, aber bestimmt sucht sie auch nur nach einem Vorwand, kostenlos an Fisch zu kommen.
Aber was soll’s, ich muss tun was der Käpt’n sagt, sonst gibt’s nur Ärger und den kann ich jetzt wirklich nicht gebrauchen. Ich will so schnell wie möglich nach Hause zu meiner Familie.
Am 23. Dezember 1938 wurde eine Art wieder entdeckt, die bis dahin als seit Millionen von Jahren ausgestorben galt. Es handelte sich um einen Quatsenflosser, den die Wissenschaftlerin Marjorie Eileen Doris Courtenay-Latimer auf dem Fischmarkt in ihrer Heimatstadt East London in Südafrika fand. Gefangen worden war das Tier von Kapitän Goosen und seiner Mannschaft, die im Indischen Ozean, vor der südafrikanischen Küste, gefischt hatten.
Courtenay-Latimer war Leiterin des Meeresbiologischen Museums von East London und durfte den Fang ihres Bekannten Kapitän Hendrik Goosen stets als eine der ersten begutachten, um seltene oder besondere Exemplare für ihr Museum auszuwählen. Am 23. Dezember 1938 entdeckte sie ein etwa 1,50 Meter langen Fisch, der mehr als 50 Kilo wog und sich deutlich vom restlichen Fang unterschied. Besonders auffällig an diesem Tier waren die großen Schuppen, die Flossen, die wie Gliedmaßen aus dem Rumpf ragten sowie der mächtige Unterkiefer. Im Museum angekommen versuchte Courtenay-Latimer den Fisch an Hand ihrer Bücher zu klassifizieren, allerdings ohne Erfolg. Daraufhin zog sie James Eonard Brierley Smith von der Rhodes-Universität in Grahamstown zu Rate. Smith war sich sofort sicher, dass er einen Quastenflosser bzw. einen Nachfahren des fossilen Quastenflossers vor sich hatte. Der Name dieses Tieres, das als ausgestorben galt wurde Latimeria chalumnae, nach der Entdeckerin und dem Fundort, dem Chalumna River, einem Fluss, der in den Indischen Ozean mündet.
Bis zu diesem Zeitpunkt war diese Art nur aus Versteinerungen bekannt. 14 Jahre später gelang es ein weiteres Exemplar zu fangen. Wie sich herausstellte, kannten die Eingeborenen am südafrikanischen Küstenabschnitt in der Nähe der Mündung des Chalumna Rivers diesen Fisch unter dem Namen Kombessa. Doch bis ein lebendes Exemplar gefangen werden konnte und vor allem bis ein Quastenflosser in seiner natürlichen Umgebung beobachtet werden konnte, sollten weitere Jahre vergehen.
Der Quastenflosser zählt zu den lebenden Fossilien und ist ein so genanntes Brückentier, das Merkmale von Fisch und Amphibie besitzt. Der Lebensraum wurde inzwischen auf das Gebiet zwischen den Komoren und Madagaskar vor der Küste Südafrikas eingegrenzt. Dort lebt der Quatenflosser in einer Tiefe von 150-400 Metern. Eine zweite Art der Gattung wurde in der Nähe von Borneo gefunden und nach der Hafenstadt Manado benannt.