Archiv der Kategorie ‘Neuzeit‘


Marktleute: Gründung des Kräutlmarktes in München (2. Mai 1807)

Freitag, den 2. Mai 2008

„Hier gibt es feine Essiggurken. Essiggurken, kauft Essiggurken. Gesund und frisch, leckere Essiggurken gibt es nur hier!“

„Die besten Würste von München! Mettwurst, Brühwurst und Rindswurst heute morgen frisch gefertigt. Beste Qualität zum fairen Preis. Würste für Groß und Klein – einfach lecker. Fünf Rindswürste zum Preis von vier!“

„Gut gefüllter Obstkorb: Apfel, Bananen, Orangen und eine Melone, alles erntefrisch und biologisch. Und diesen schicken Korb gibt’s gratis dazu. Das nenn ich ein Angebot. Jetzt zuschlagen – so was kommt nicht wieder!“

Der Viktualienmarkt in München um das Jahr 1900

Am 2. Mai des Jahres 1807 wurde in München der Kräutlmarkt gegründet, der später in Viktualienmarkt umbenannt wurde. Diesen Namen trägt der heute noch existierende Markt auch gegenwärtig.
Entstanden ist der Mark auf dem Platz zwischen Frauenstraße und Heilig-Geist-Kirche, nachdem der ursprüngliche Münchner Stadtmarkt am heutigen Marienplatz zu wenig Platz für alle Angebote bot und König Maximilian I. Joseph anordnete einen Teil des Marktes zu verlegen.
Im Laufe der Jahre wurde der Kräutlmarkt immer größer und größer, sodass 1855 der Fischmarkt abgetrennt und verlegt werden musste. 1890 hat der Markt schließlich seine heutige Größe erreicht. Seit 1870 gibt es übrigens die für den Viktualienmarkt charakteristischen festen Markthäuschen.
Auf Grund der schweren Beschädigungen, die der Markt während des Zweiten Weltkrieges erlitten hatte, wurde kurzzeitig überlegt, den Markt zu schließen. Dieser Gedanke wurde jedoch schnell verworfen und die Stadtverwaltung Münchens scheute keinen finanziellen und organisatorischen Aufwand, um diesen Handelsplatz wieder zum Leben zu erwecken.
Seit etwa 1950 hat sich der Viktualienmarkt von einem einfachen Bauernmarkt zu einem Feinschmeckermarkt entwickelt, der heute nicht nur die Stadtbevölkerung sondern auch zahlreiche Touristen anlockt. Gegenwärtig bieten 140 verschiedene Händler ihre Waren an sechs Tagen in der Woche an.
Die Umbenennung des „Kräutlmarktes“ oder „grünen Marktes“, wie dieser Münchner Markt auch genannt wurde, in Viktualienmarkt erfolgte im Laufe des 19. Jahrhunderts als es in Mode kam lateinische Begriffe zu verwenden. „Viktualien“ ist ein spätlateinisches Wort für Lebensmittel.

Franz Gruber und Xaver Grassnacher: Reinheitsgebot in Bayern (23. April 1516)

Mittwoch, den 23. April 2008

„Zwei Bier bitte.“
„Danke für die Einladung Franz!“
„Bitte, gerne. Ich wollte Dir endlich einmal dieses köstliche Bier zeigen, dass sie hier seit Generationen brauen. Schon mein Großvater hat von diesem Bier geschwärmt und sich täglich eine Maß gegönnt.“
„Bitte sehr die Herren. Wohl bekomm’s!“
„Prost Xaver!“
„Prost Franz“
„Hm, wirklich gut! Nicht so eine Plörre wie neulich auf dem Dorffest. Das war ja unerträglich, ganz ohne Geschmack, einfach nur bitter. Dagegen ist dieses Bier ein Genuss, würzig, herb und erfrischend. Du hattest Recht, Franz!“
„Ja, da gab es wohl im Nachhinein noch Schwierigkeiten, denn die Brauerei, die das Dorffest beliefert hat, soll sich auf alte Traditionen berufen haben und ihrem Bier irgendetwas zugesetzt haben, was man schon im Mittelalter benutzt haben soll. Muss aber ja nicht immer gut sein, was die Leute da damals ausprobiert haben.“
„Keine Ahnung, aber da gab es doch mal so ein Braugebot oder so was, nachdem sich heute noch alle richten müssen. Das kann ja nicht ganz verkehrt gewesen sein.“

Herzog Wilhelm IV. erlässt am 23. April 1516 in Ingolstadt das Reinheitsgebot für Bier, das zukünftig für ganz Bayern gelten sollte. Dieses war notwendig geworden, da sich in Folge des Landshuter Erbfolgekrieges die bayrischen Teilherzogtümer wiedervereinigt hatten und ihre Rechte vereinheitlicht werden mussten.
Das bayrische Reinheitsgebot regelte sowohl die Inhaltsstoffe als auch die Preise von Bier. Notwendig geworden war es aus verschiedenen Gründen. Zum einen konnte durch die Vorschrift, dass ausschließlich Gerste, Hopfen und Wasser für Bier verwendet werden durften, erreicht werden, dass die Getreidesorten Weizen und Roggen den Bäckern vorbehalten waren und auf diese Weise die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung gesichert werden konnte. Zum anderen wurde erreicht, dass Inhaltsstoffe wie Rosmarin, Ruß oder Kreidestaub aus dem Bier verbannt wurden. Diese Stoffe wurden dem Bier vorher immer wieder zugesetzt, um zum Beispiel einen besonderen Geschmack zu erzielen oder sauer gewordenes Bier wieder genießbar zu machen.
Warum im Reinheitsgebot von 1516 keine Hefe erwähnt wird, ist bisher nicht geklärt. Denn die Wirkung der Hefe war den Bierbrauern bereits bekannt. Sie gaben die Überreste des letzten Brauvorgangs, also die Hefe, zum neuen Ansatz hinzu.
Das bayrische Reinheitsgebot war allerdings nicht das erste seiner Art. Aus Nürnberg ist eine ähnliche Verordnung von 1155 überliefert und auch aus anderen Städten sind derartige Regelungen bekannt. In vielen Fällen sind allerdings keine Zeugnisse mehr vorhanden.

Friedrich II., der Große: Kartoffelbefehl (24. März 1756)

Montag, den 24. März 2008

Es ist von Uns in höchster Person in Unsern andern Provintzien die Anpflantzung der so genannten Tartoffeln, als ein nützliches und so wohl für Menschen, als Vieh auf sehr vielfache Art dienliches Erd Gewächse, ernstlich anbefohlen. Da wir nun bemercket, daß man sich in Schlesien mit Anziehung dieses Gewächses an den mehresten Orten nicht sonderlich abgiebet. Als habt Ihr denen Herrschaften und Unterthanen den Nutzen von Anpflantzung dieses Erd Gewächses begreiflich zu machen, und denselben anzurathen, daß sie noch dieses Früh-Jahr die Pflantzung der Tartoffeln, als einer sehr nahrhaften Speise unternehmen.

In der Mitte des 16. Jahhrunderts wurde die Kartoffel von Francisco Pizarro, einem spanischen Konquistador, aus Südamerika nach Europa gebracht. Von Spanien aus gelangte die Knolle 1565 auch nach Deutschland, wo sie aber zunächst wegen ihrer schönen Blüte bewundert wurde und dementsprechend Aufnahme in botanische Gärten und Gartenanlagen von Fürsten oder Geistlichen fand, die bedeutende ernährungstechnische Funktion der Kartoffel hatte man zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt. Vielmehr war sie viel zu kostbar, als dass man sie verzehren wollte. Hinzu kam, dass einige Versuche, die Knolle aus Südamerika zu verspeisen mit Magenbeschwerden und Vergiftungserscheinungen endeten, sodass der Kartoffel bald ein schlechter Ruf anhaftete.
Damit hinkten die Europäer den Völkern in Südamerika weit hinterher, denn hier wurden verschiedene Sorten kultiviert, die bereits hoch entwickelt und so den verschiedenen Anbauverhältnissen und Verwendungszwecken angepasst waren. Die Patata, wie die Kartoffel bei den Einheimischen genannt wurde, war vor allem in den kargen Landschaften der Anden ein Hauptnahrungsmittel.
Bis die Kartoffel Eingang in die europäischen Küchen fand, sollte einige Generationen dauern. In Irland wurde sie allerdings bereits zu Beginn des 17. Jahhrunderts in größerem Umfang angebaut und verzehrt. Gründe für diese für Europa führende Rolle im Kartoffelanbau sind mit der wirtschaftlichen Lage des Landes und den daraus resultierenden sozialen Verhältnissen zu erklären. Da Irland englische Kolonie war, musste große Teile der landwirtschaftlichen Produktion nach London geliefert werden, sodass weite Teile der Landbevölkerung Irlands in Armut lebten. Die Kartoffel brachte nun den entscheidenden Vorteil, dass sie größere Erträge als Getreide lieferte und auch in der Verabeitung leichter zu handhaben war als Getreide.
Auf Grund der isolierten Lage Irlands in Europa sollte es aber bis ins 18. Jahrhundert dauern, ehe andere europäische Staaten damit begannen, die Kartoffelpflanzen aus den Botanischen Gärten auf die Äcker der Bauern umzusiedeln.
Gemälde 'Der König überall von Robert Warthmüller' von 1886Im deutschen Gebiet wurden ab 1647 die ersten Kartoffeln als Nutzpflanzen kultiviert. In Preußen sorgte Friedrich II. mit Nachdruck für die Ausweitung des Kartoffelanbaus. Um seine Propagandamaßnahmen für die nahrhafte Knolle ranken sich zahlreiche Erzählungen, deren Wahrheitsgehalt nicht mehr vollständig zu überprüfen ist. So soll Friedrich zum Beispiel in der Umgebung von Berlin Kartoffelfelder anlegen lassen haben, die dann von Soldaten bewacht werden sollten. Allerdings hätten diese Wachsoldaten die Anweisung erhalten, sich schlafend zu stellen, um den Bauern aus der Umgebung die Entwendung der Bodenfrucht zu ermöglichen, denn diese sollten so auf den Geschmack der Kartoffel gebracht werden und sie in der Folge selbst anbauen. Ob diese Anekdote nun der Wirklichkeit entspricht bleibt dahingestellt. Sicher ist aber, dass Friedrich II. seit 1750 mehrere Versuche unternommen hat, um den Kartoffelanbau in Preußen zu verbreiten. Zu diesen Maßnahmen gehörte die kostenlose Ausgabe von Saatgut sowie die Überwachung des Anbaus durch Soldaten. Mit seiner Circular-Ordre vom 24. März 1756 die den Kartoffelanbau anordnete, verschaffte er diesem schließlich den Durchbruch auf deutschem Boden.
In der direkten Folge wurde die Kartoffel für die einfachere Bevölkerung zur Hauptnahrungsquelle, was sich zunächst positiv auswirkte, indem die durch den Dreißigjährigen Krieg gesunkene Bevölkerungszahl wieder anstieg. Doch für weite Bevölkerungsteile wurde die Kartoffel schließlich zur nahezu einzigen Nahrungsquelle was bei Missernten zu Hungersnöten führte, da dann die Preise für andere Nahrungsmittel wie Brot in unermessliche Höhen stiegen, was wiederum eine Folge des geringer gewordenen Getreideanbaus zu Gunsten der Kartoffel war.

(Das Bild zeigt das Gemälde ‘Der König überall von Robert Warthmüller’ aus dem Jahr 1886)