Harry Monroe, Schiffsjunge: Francis Drake sticht zu seiner zweiten Fahrt in die Karibik in See (24. Mai 1572)
Samstag, den 24. Mai 2008Sind alle Kisten verstaut? Der Schiffsmeister geht nicht sparsam mit seiner Peitsche um, er duldet keinen Ungehorsam und keine Unachtsamkeit. Ich muss noch einmal in den Frachtraum hinabsteigen und mich vergewissern ob alles an Ort und Stelle ist und wir beim Beladen keine Kiste und kein Fass auf dem Kai vergessen haben.
Es gab in den letzten Tagen schon genug Ärger mit der Ladung, viele Waren kamen viel später im Hafen an als mit den Händlern vereinbart war und wer musste seinen Kopf dafür hinhalten? Die in feines Tuch gehüllten Händler sicher nicht – mir tut noch jetzt der Rücken weh, wenn ich nur an die Peitsche des Schiffsmeisters denke, dabei kann ich doch gar nichts dafür, wenn die feinen Herren zu spät liefern. Aber was spielt das schon für eine Rolle, auf mich und meine Meinung gibt doch niemand nur ein Pfefferkorn!
Jetzt muss ich unbedingt noch schauen, ob die Ladung auch gut verzurrt ist und alles an den zugewiesenen Platz verfrachtet wurde, denn in zwei Stunden soll es losgehen. Wenn dann nicht alles in bester Ordnung ist, wird sich die Abfahrt verzögern und der Ärger darüber wird ganz sicher auch an mir ausgelassen. Also, nichts wie los!
Sir Francis Drake stach am 24. Mai 1572 zu seiner zweiten Kaperfahrt in die Karibik in See. Er hatte zu diesem Zeitpunkt sein erstes Kommando und befehligte die beiden Schiffe Swan und Pasco, auf denen sich insgesamt 73 Personen befanden.
Bei seiner Ankunft in der Karibik traf Drake auf den englischen Kapitän James Raunse, mit dem er sich zusammenschloss, um gemeinsam Nombre de Dios an der Küste des heutigen Panama anzugreifen. Es handelte sich um einen wichtigen Umschlagplatz für die spanischen Gold- und Silbertransporte aus der Neuen Welt. Der Angriff, der aus Drakes Sicht zunächst erfolgreich verlief, geriet ins Stocken als Drake verletzt zusammenbrach. Raunse trat daraufhin den Rückzug an und auch Drake segelte weiter. Seine nächste Station war Cartagena im heutigen Kolumbien, wo er im Hafen zwei Schiffe erbeuten konnte.
In der Folge suchte Francis Drake den Kontakt zu den Cimarrones, entlaufenen Sklaven, aufzunehmen, da er erkannt hatte, dass er zusammen mit den Cimarrones deutlich bessere Aussichten im Vorgehen gegen die Spanier haben würde als mit seinen vereinzelten Angriffen auf deren Stützpunkte. Im September 1572 kam schließlich eine Allianz zu Stande, die sich gegen die Spanier richtete. Damit kam Drake seinem eigentlichen Ziel, die Gold- und Silbertransporte der Spanier zu überfallen, deutlich näher. Ein erster Versuch scheiterte und die Engländer waren gezwungen sich zunächst zurückzuziehen.
Anfang 1573 traf Drake schließlich auf den französischen Kapitän Jean le Testu, der sich vom Vorhaben des Engländers angetan zeigte. Der Überfall auf eine spanische Karawane unweit von Nombre de Dios wurde sorgfältig geplant und hatte Anfang April 1573 Erfolg. Es gelang Drake und seinen Anhänger eine Summe von etwa 100.000 Pesos in Gold und 15 Tonnen Silber zu erbeuten. Das Gold wurde auf die Schiffe gebracht, das Silber vor Ort vergraben. Der beim Überfall verwundete Jean le Testu konnte den Spanier nicht entkommen und wurde von diesen hingerichtet. Drake hingegen gelang die Flucht. Er erreichte seine Heimat am 9. August 1573, wo er vor allem auf Grund seiner beträchtlichen Beute für großes Aufsehen sorgte.