Archiv der Kategorie ‘17. Jahrhundert‘


Londoner Zeitungsjunge: Pocahontas Hochzeit (5. April 1614)

Samstag, den 5. April 2008

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Die im Jahr 1595 geborene Pocahontas war die Tochter des Indianerhäuptlings Powhatan-Sachem und vermittelte in Verginia zwischen den Eingeborenen und den Kolonisten aus England.
Pocahontas eigentlicher Name lautete Matoaka, den Spitznamen Pocahontas, der soviel wie „die Verspielte“ bedeutet, erhielt das Mädchen bereits in ihrer Kindheit, wohl auf Grund ihrer Verspieltheit.
Als die englischen Kolonisten 1607 in Virginia eintrafen, war Pocahontas ein kleines Mädchen von 12 Jahren. Schon bald kam sie in Kontakt mit den Europäern, wenn man der Schilderung des englischen Abenteurers John Smith Glauben schenkt, rettete sie ihm das Leben. Smith war von einer Gruppe Powhatan-Indianern gefangen genommen worden und sollte hingerichtet werden. Im Moment seiner Hinrichtung, habe sich Pocahontas über ihn geworfen und damit seine Tötung verhindert. Ob diese Version der Wahrheit entspricht, darf bezweifelt werden. Richtig ist in jedem Fall, dass Pocahontas schon früh Beziehungen zu den Kolonisten knüpfte.
Im März 1613 machten sich englische Kolonisten diese Vertrautheit Pocahontas` mit den Engländern zu Nutze und nahmen das Mädchen gefangen. Sie beabsichtigten die Tochter des Häuptlings gegen englische Gefangene und von den Indianer entwendete Werkzeuge und Waffen auszutauschen. Häuptling Powhatan-Sachem ließ die Gefangenen daraufhin frei und gab den Kolonisten ebenfalls Waffen und Werkzeuge zurück, doch beanstandeten die Engländer die Anzahl der Gegenstände und behielten Pocahontas weiterhin als Geisel.
In ihrer Gefangenschaft wurde Henricus, einem von Thomas Dale im Jahr 1611 gegründeten Ort in Virginia gebracht und getauft. Sie erhielt daraufhin den christlichen Namen Rebecca. Außerdem wurde sie in der englischen Sprache unterrichtet.
1614 kam es zu einer Erebung der Powhatan, in deren Folge Pocahontas gebeten wurde, in die Vermittlerrolle zu schlüpfen. Im Zuge der Gespräche mit ihrem Stamm trat Pocahontas auch ihrem Vater gegenüber, dem sie vorwarf sie für ein paar Werkzeuge verkauft zu haben und sie daher den Entschluss gefasst habe, von nun an unter den Engländern leben zu wollen.
Am 5. April 1614 heiratete Pocahontas den englischen Kolonisten John Rolfe, den sie während ihrer Gefangenschaft kennen gelernt hatte. Es handelt sich bei dieser Eheschließung um die erste bekannte interkulturelle Verbindung in Virginia. Das Paar lebte auf der Farm von Rolfe und bekam Anfang 1615 einen Sohn, Thomas Rolfe.
Durch die eheliche Verbindung einer Eingeborenen mit einem Kolonisten wurden die Auseinandersetzungen zwischen Indianern und Engländer in der Umgebung für einige Jahre beigelegt.
1616 reiste die Familie nach England, wo es zunächst zu Problemen mit der englischen Oberschicht kam, da diese die Heirat eines Engländers mit einer Eingeborenen missbilligte, dennoch war das Paar bei zahlreichen gesellschaftlichen Zusammenkünften anwesend und Pocahontas soll durch ihre anmutige Art viele Bewunderer gefunden haben.
Kurz vor der geplanten Rückreise in die Neue Welt verstarb Pocahontas, jetzt Rebecca Rolfe in Gravesend bei London.

(Das Bild zeigt Pocahontas auf einem Stich von Simon Van de Passe von 1616)

Ein Frankfurter Patrizier: Hinrichtung der Rädelsführer des Fettmilch-Aufstandes (28. Februar 1616)

Donnerstag, den 28. Februar 2008

Die Meute hat sich auf dem Roßmarkt versammelt, um dem Ende von Vinzenz Fettmilch beizuwohnen, um Zeuge seiner Hinrichtung zu sein. Lange genug hat es gedauert, bis es soweit gekommen ist und ihm und seinen Kumpanen überhaupt erst der Prozess gemacht wurde, wer erhebt schließlich schon das Wort gegen einen der einflussreichsten Männer der Stadt? Die Hinrichtung von Vinzenz Fettmilch und seinen AnhängernDazu gehört nicht nur eine Anklage, sondern auch Mut, denn einflussreiche Männer stehen selten alleine da, sondern können sich auf eine Anhängerschaft verlassen, die dem Einzelnen das Leben schwer machen kann, doch dieser Einzelne, der bereit war dieses Risiko auf sich zu nehmen war schließlich gefunden. Sein Mut wurde belohnt, indem am heutigen Tag auf dem Roßmarkt in Frankfurt zu Ende geführt wird, was bereits im Herbst 1614 eingeleitet wurde.
Nun wird wieder Ruhe in unsere Stadt einkehren, Kaiser Matthias wird zufrieden sein, diesen Unruhepunkt im Heiligen Römischen Reich beseitigt zu wissen und seine Aufmerksamkeit fortan wieder wichtigeren Dingen zuwenden zu können.
Dieses Urteil wird auch zukünftigen Unruhestiftern eine Lehre sein, denn wer sich der Majestätsverbrechen schuldig macht, wie es Fettmilch und seine Kompagnons getan haben, der wird dies bitter bereuen, da er mit dem Leben dafür büßen muss.

Der Lebkuchenbäcker Vinzenz Fettmilch und sieben seiner Gefährten wurden am 28. Februar des Jahres 1616 auf dem Roßmarkt der Stadt Frankfurt am Main hingerichtet, nachdem ihnen allen zunächst der Schwurfinger abgeschlagen worden war.
Ausgelöst worden war diese Situation durch den so genannten Fettmilch-Aufstand des Jahres 1614, während dem der Anführer der Frankfurter Zunftmeister Vinzenz Fettmilch die Stadttore besetzten und den Rat der Stadt auflösen ließ. In der Folge ließ Kaiser Matthias jedem Frankfurter die Reichsacht androhen, der sich nicht bereit erklärte, sich ihm durch einen Eid zu unterwerfen. Die Beteiligten des Aufstandes, die bisher davon ausgegangen waren, den Kaiser auf ihrer Seite zu haben, zogen am 22. August 1614 durch die Stadt und stürmten schließlich die Judengasse, das jüdische Ghetto der Stadt. Nachdem zahlreiche Juden aus Furcht vor den Eindringlingen geflohen waren, kam es zu Plünderungen und Verwüstungen in der Frankfurter Judengasse. Erst durch das Einschreiten der Bürgerwehr konnten die Unruhen am späten Abend eingedämmt werden. Am nächsten Tag erzwang Fettmilch die Vertreibung aller Juden aus der Stadt. Die Vertreibung der Juden aus Frankfurt im Zuge des Fettmilch-Aufstandes
Dieser Schritt ließ das Ansehen Fettmilchs und die Zahl seiner Anhänger rasch sinken.
Am 28. September des Jahres 1614 wurde über Fettmilch und zahlreiche seiner Anhänger die Reichsacht verhängt, da sie als Anführer des so genannten Fettmilch-Aufstandes ausgemacht worden waren. Allerdings fasste erst Ende November 1614 ein Schöffe der Stadt Frankfurt den Mut und verhaftete den bis dahin mächtigsten Mann der Stadt am Main.
Der Prozess gegen die mutmaßlichen Anstifter des Aufstandes zog sich über ein Jahr hin. Die Beschuldigten wurden schließlich nicht wegen der Ausschreitungen, die sich gegen die jüdischen Einwohner der Stadt gerichtet hatten, sondern wegen Majestätsverbrechen angeklagt, da sie Befehle des Kaisers ignoriert hatten.
Ausgelöst worden war der Konflikt durch die Misswirtschaft des Frankfurter Rates und die nach mehr Einfluss strebenden Zünfte, deren politisches Programm von Beginn an von Ressentiments gegenüber den Juden geprägt war.
Erste Unruhen entstanden am 9. Juli 1612 anlässlich der Wahl von Kaiser Matthias. Zu diesem Anlass wäre es üblich gewesen, dass der Rat die Privilegien der Stadt öffentlich verlesen hätte, da sich der Rat diesem Brauch verweigerte, kamen Gerüchte auf, die besagten, der Rat wolle diese Privilegien einschränken oder gar abschaffen. Parallel dazu kam es zu Forderungen nach einer stärkeren Beteiligung der Zünfte am Rat, der bisher von den Patriziern dominiert wurde. Gleichzeitig kamen andere Forderungen verschiedener Gruppierungen auf, die die Situation verschärften.
Im Streit um die Verlesung der Privilegien wandten sich die Zünfte, zu deren Anführer Vinzenz Fettmilch geworden war, an Kaiser Matthias, der sich anlässlich seiner Krönung in der Stadt befand. Dieser weigerte sich zunächst, sich in die innerstädtischen Angelegenheiten einzumischen, setze aber schließlich eine Schlichtungskommission ein, um die bestehenden Probleme aus der Welt zu schaffen.
In der Folge wurde eine neue Stadtverfassung geschaffen, die u.a. vorsah, dass ein Ausschuss der Zünfte die Rechnungsbücher der Stadt prüfen sollte. Anlässlich der ersten Prüfung der Bücher stellte sich 1613 heraus, dass die Stadt Frankfurt hoch verschuldet war, was vornehmlich auf Veruntreuung und Misswirtschaft der Gelder durch den Rat zurückzuführen war. Zudem fiel auf, dass die Schutzgelder, die die Juden an die Stadt zahlen mussten, nicht in die Stadtkasse geflossen, sondern unter den Ratsmitgliedern verteilt worden waren. Dies führte zu Gerüchten, dass die jüdische Bevölkerung gemeinsame Sache mit den Patriziern machen würde.
In den Unterlagen des Rates fand sich auch eine Urkunde Kaiser Karl IV. In der er im Jahr 1349 seine Herrschaftsrechte über die Juden an die Stadt Frankfurt abgetreten hatte. In dieser Urkunde fand sich die Aussage, dass der Kaiser die Stadt nicht verantwortlich machen würde, sollte einem jüdischen Einwohner ein Unrecht widerfahren sollte (z.B. Totschlag). Diese verhängnisvolle Aussage wurde von einigen Einwohnern als Legitimation für Ausschreitungen gegen Juden bewertet.
Als der Rat keine Belege für den Verbleib der fehlende Summe in der Stadtkasse bringen konnte, kam es zum so genannten Fettmilch-Aufstand.

Patriarch Filaret: Wahl von Michail I. Romanow zum russischen Zaren (21. Februar 1613)

Donnerstag, den 21. Februar 2008

Ich bin am Ziel angekommen. Endlich ist es vollbracht – nun zwar nicht für mich. Aber mein Sohn ist auf dem Thron.
Wer hätte das jemals gedacht? Nach den Intrigen des schändlichen Godunov und dem schwachsinnigen Balg, das auf dem Zarenthron saß und nichts besseres wusste als ab und an mit den Glocken zu bimmeln, in dessen Namen er alles verfügte.
Ikone von Patriarch FilaretMeiner Familie hat Godunov, der sich erdreistete sich selbst zum Zar zu erheben, alles genommen. Nun fast alles.
Mich hat er zum Mönch scheren lassen und ins Kloster geschickt. Mich gar gezwungen, den Namen Filaret anzunehmen.
Am Ende aber war doch alles zu meinem Vorteil. Vielleicht hatte Gott dies von Anfang an für mich vorgesehen.
Nur so konnte ich den Weg bis zum Thron des Patriarchen einschlagen.
Nur so konnte ich mit meiner Autorität meinem Sohn zum Platz auf dem Zarenthron verhelfen – auch wenn ich kurzzeitig in Erwägung zog, einen anderen in diese Position zu bringen.
Aber nun bin ich angekommen! Die Macht liegt in der Hand meiner Familie und bei mir.
Ich bin der „Große Herrscher“, auch wenn mein Sohn auf dem Thron sitzt.

Mit der Thronbesteigung Michail Fjodorowitsch Romanow auf den russischen Zarenthron als Michael I. endete in Russland die Smuta, die „Zeit der Wirren“ und es begann die Dynastie der Romanows, die bis 1918 das Land regieren sollte, seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts durch Vereinigung mit einer deutschen Familie als Dynastie Romanow-Holstein-Gottorp.
Der Beginn der „Zeit der Wirren“ ist nicht klar festzumachen.
Einige Historiker sehen ihren Beginn bereits am 15.5.1591, als mit Dimitri Iwanowitsch der jüngere Bruder von Zar Fjodor I. starb – bis heute ist nicht geklärt ob durch einen Mord oder an den Folgen eines epileptischen Anfalls, bei dem er sich selbst erstochen haben könnte.
Die Smuta, die Zeit der Wirren in Russland. Gemälde von Sergey Vasilyevich Ivanov
Damit verlor das Herscherhaus der Rurikiden, das seit der mythologischen Zeit seines angeblichen Stammvaters Rurik immer Einfluss auf die Geschicke Russlands ausgeübt hatte, den letzten Thronfolger und von Fjodor I., der auf Grund seiner etwas seltsam anmutenden Leidenschaft durch Russland zu reisen und die Glocken aller Kirchen im Land zu läuten, den Beinamen „Bellringer“ trägt, war kein Nachwuchs zu erwarten.
Der Zar, der wegen seiner Geistesschwäche die Regierungsgeschäfte einem Regentschaftsrat der Bojaren unter der Führung von Boris Godunov überlassen musste, starb im Jahr 1598. Ein anderes Datum, zu dem man den Beginn der Smuta festmachen kann.
Nach dem Ende der Dynastie der Rurikiden erlangte Boris Godunov als Zar Boris I. den russischen Thron.
Seine Stellung war trotz seiner machtvollen Position nicht unangefochten. Im russischen Volk und, weit wichtiger, in der russisch-orthodoxen Kirche, gab es die weit verbreite Meinung, dass ein Zar nur dann legitim sein könnte, wenn er mit der alten Herrscherfamilie verwandt wäre. Weder die Wahl Godunovs zum Zaren durch eine große Landesversammlung noch die Tatsache, dass er der russisch-orthodoxen Kirche überhaupt erst zur Einrichtung eines eigenen Patriarchats und der dafür notwendigen Zustimmung der übrigen orthodoxen Patriarchen verholfen hatte, stärkten seine Position.
In seiner Regierungszeit kam es durch diese Umstände bedingt zum Auftreten eines Thronprätendenten, der behauptete, er sei der für tot erachtete Dimitri, der 1591 in Wirklichkeit überlebt habe.
Dieser konnte sich ausländische Unterstützung, vor allem aus Polen-Litauen, sichern und ging gegen Godunov vor. Auch der Papst, der sich von einem Erfolg des katholischen Polen eine Remissionierung Russlands erhoffte, erkannte Dimitri als den legitimen Zaren an.
Nach dem Tod Boris Godunovs 1605, dem letzten Zeitpunkt, der teilweise als Beginn der „Zeit der Wirren“ angesehen wird, kam es zu schnellen Wechseln von Thronansprüchen, Zaren und Patriarchen, je nachdem wer gerade die stärkste Position in Russland innehatte.
So kam es auch zum Auftreten eines zweiten „falschen Dimitri“, der sich die Unterstützung des mächtigen Filaret sichern konnte, der aus dem von dem von Godunov bekämpften Adelshaus der Romanows stammte. Er wurde vom zweiten Dimitri zu „seinem Patriarchen“ bestimmt, während der zu diesem Zeitpunkt gewählte Zar Vasilij Sujskij wiederum einen anderen Geistlichen als Patriarchen anerkannte, der den Namen Germogen trug. Dieser aber unterstützte keineswegs Sujskij, sondern Michael, der wiederum der Sohn Filarets war. Michael I. Romanow
Erst, als erneut polnische Truppen in Russland einmarschierten kam es zu einer Sammlungsbewegung und einer nationalen Einigung. Dieses Aufkommen nationaler Strömungen war darin begründet, dass die polnischen Truppen dieses Mal nicht intervenierten, um einem russischen Kandidaten zu unterstützen, sondern in der Absicht, den polnischen König Wladyslaw IV., der nun den Zarenthron für sich beanspruchte, zur Macht in Russland zu verhelfen.
Dies wollten weder die russischen Adeligen noch das russische Volk akzeptieren und so kam es zur erwähnten Sammlungsbewegung, der es schließlich gelang, die Position Michail Romanows zu stärken, so dass dieser am 21. Februar 1613 zum ersten Zaren aus der Familie Romanow gewählt wurde.
Er stand aber bis zu dessen Tod unter maßgeblichem Einfluss seines Vaters, Patriarch Filaret, der de facto die Kontrolle über Russlands hatte und sich dementsprechend auch den Titel „Großer Herrscher“ verleihen ließ, der eigentlich dem Zaren zugestanden hätte.

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