Archiv der Kategorie ‘16. Jahrhundert‘


Franz Gruber und Xaver Grassnacher: Reinheitsgebot in Bayern (23. April 1516)

Mittwoch, den 23. April 2008

„Zwei Bier bitte.“
„Danke für die Einladung Franz!“
„Bitte, gerne. Ich wollte Dir endlich einmal dieses köstliche Bier zeigen, dass sie hier seit Generationen brauen. Schon mein Großvater hat von diesem Bier geschwärmt und sich täglich eine Maß gegönnt.“
„Bitte sehr die Herren. Wohl bekomm’s!“
„Prost Xaver!“
„Prost Franz“
„Hm, wirklich gut! Nicht so eine Plörre wie neulich auf dem Dorffest. Das war ja unerträglich, ganz ohne Geschmack, einfach nur bitter. Dagegen ist dieses Bier ein Genuss, würzig, herb und erfrischend. Du hattest Recht, Franz!“
„Ja, da gab es wohl im Nachhinein noch Schwierigkeiten, denn die Brauerei, die das Dorffest beliefert hat, soll sich auf alte Traditionen berufen haben und ihrem Bier irgendetwas zugesetzt haben, was man schon im Mittelalter benutzt haben soll. Muss aber ja nicht immer gut sein, was die Leute da damals ausprobiert haben.“
„Keine Ahnung, aber da gab es doch mal so ein Braugebot oder so was, nachdem sich heute noch alle richten müssen. Das kann ja nicht ganz verkehrt gewesen sein.“

Herzog Wilhelm IV. erlässt am 23. April 1516 in Ingolstadt das Reinheitsgebot für Bier, das zukünftig für ganz Bayern gelten sollte. Dieses war notwendig geworden, da sich in Folge des Landshuter Erbfolgekrieges die bayrischen Teilherzogtümer wiedervereinigt hatten und ihre Rechte vereinheitlicht werden mussten.
Das bayrische Reinheitsgebot regelte sowohl die Inhaltsstoffe als auch die Preise von Bier. Notwendig geworden war es aus verschiedenen Gründen. Zum einen konnte durch die Vorschrift, dass ausschließlich Gerste, Hopfen und Wasser für Bier verwendet werden durften, erreicht werden, dass die Getreidesorten Weizen und Roggen den Bäckern vorbehalten waren und auf diese Weise die Lebensmittelversorgung der Bevölkerung gesichert werden konnte. Zum anderen wurde erreicht, dass Inhaltsstoffe wie Rosmarin, Ruß oder Kreidestaub aus dem Bier verbannt wurden. Diese Stoffe wurden dem Bier vorher immer wieder zugesetzt, um zum Beispiel einen besonderen Geschmack zu erzielen oder sauer gewordenes Bier wieder genießbar zu machen.
Warum im Reinheitsgebot von 1516 keine Hefe erwähnt wird, ist bisher nicht geklärt. Denn die Wirkung der Hefe war den Bierbrauern bereits bekannt. Sie gaben die Überreste des letzten Brauvorgangs, also die Hefe, zum neuen Ansatz hinzu.
Das bayrische Reinheitsgebot war allerdings nicht das erste seiner Art. Aus Nürnberg ist eine ähnliche Verordnung von 1155 überliefert und auch aus anderen Städten sind derartige Regelungen bekannt. In vielen Fällen sind allerdings keine Zeugnisse mehr vorhanden.

Friedrich Schiller: Die Hinrichtung von Maria Stuart (8. Februar 1587)

Freitag, den 8. Februar 2008

Maria: Was ist dir, Hanna? Ja, nun ist es Zeit! Hier kommt der Sheriff, uns zum Tod zu führen. Es muss geschieden sein! Lebt wohl! Lebt wohl!

Maria Stuart, Queen of Scots(Ihre Frauen hängen sich an sie mit heftigem Schmerz; zu Melvil.)

Ihr, werter Sir, und meine treue Hanna Sollt mich auf diesem letzten Gang begleiten. Mylord, versagt mir diese letzte Wohltat nicht!

Burleigh: Ich habe dazu keine Vollmacht.

Maria: Wie? Die kleine Bitte könntet ihr mir weigern? Habt Achtung gegen mein Geschlecht! Wer soll Den letzten Dienst mir leisten! Nimmermehr Kann es der Wille meiner Schwester sein, Dass mein Geschlecht in mir beleidigt werde, Der Männer rohe Hände mich berühren!

Burleigh: Es darf kein Weib die Stufen des Gerüstes Mit euch besteigen – Ihr Geschrei und Jammern –

Maria: Sie soll nicht jammern; – Ich verbürge mich Für die gefasste Seele meiner Hanna! Seid gütig, Lord. O, trennt mich nicht im Sterben Von meiner treuen Pflegerin und Amme! Sie trug auf ihrem Arme mich ins Leben, Sie leite mich mit sanfter Hand zum Tod.

Paulet: (zu Burleigh). Lasst es geschehn!

Burleigh: Es sei.

Maria: Nun hab’ ich nichts mehr Auf dieser Welt –

(Sie nimmt das Kruzifix und küsst es.)

Mein Heiland! Mein Erlöser!
Wie du am Kreuz die Arme ausgespannt, So breite sie jetzt aus, mich zu empfangen.

(Sie wendet sich zu gehen; in diesem Augenblick begegnet ihr Auge dem Grafen Leicester, der bei ihrem Aufbruch unwillkürlich aufgefahren, und nach ihr hingesehen. – Bei diesem Anblick zittert Maria, die Knie versagen ihr, sie ist im Begriff hinzusinken; da ergreift sie Graf Leicester und empfängt sie in seinen Armen. Sie sieht ihn eine Zeit lang ernst und schweigend an; er kann ihren Blick nicht aushalten, endlich spricht sie.)

Ihr haltet Wort, Graf Leicester – Ihr verspracht Mir euren Arm, aus diesem Kerker mich Zu führen, und ihr leihet ihn mir jetzt!

(Er steht wie vernichtet. Sie fährt mit sanfter Stimme fort.)

Ja, Leicester, und nicht bloß Die Freiheit wollt’ ich euerer Hand verdanken, Ihr solltet mir die Freiheit euer machen, An eurer Hand, beglückt durch eure Liebe, Wollt ich des neuen Lebens mich erfreun. Jetzt, da ich auf dem Weg bin, von der Welt Zu scheiden und ein sel’ger Geist zu werden, Den keine ird’sche Neigung mehr versucht. Jetzt, Leicester, darf ich ohne Schamerröten Euch die besiegte Schwachheit eingestehn – Lebt wohl, und wenn ihr könnt, so lebt beglückt! Ihr durftet werben um zwei Königinnen, Ein zärtlich liebend Herz habt ihr verschmäht, Verraten, um ein stolzes zu gewinnen. Kniet zu den Füßen der Elisabeth! Mög’ euer Lohn nicht eure Strafe werden! Lebt wohl! – Jetzt hab’ ich nichts mehr auf der Erden!

(Sie geht ab, der Sheriff voraus, Melvil und die Amme ihr zur Seite. Burleigh und Paulet folgen, die Übrigen sehen ihr jammernd nach, bis sie verschwunden ist; dann entfernen sie sich durch die zwei andern Türen.)

aus: Maria Stuart von Friedrich Schiller, 5. Aufzug, 9. Auftritt.

Am 8. Februar 1587 wurde Maria Stuart, Queen of Scots, hingerichtet.
Sie war der Teilnahme an einer Verschwörung gegen Elisabeth I. für schuldig befunden worden. Diese Babington-Verschwörung hat ihre Namen von einem ihrer Hauptprotagonisten, Anthony Babington. Der eigentliche Urheber soll John Ballard gewesen sein.
Es ist aber zweifelhaft, fast schon unwahrscheinlich, dass Maria wirklich an der Verschwörung beteiligt war.
Auch möglich ist, dass die Verschwörung, wie so viele vor ihr in der Zeit von Marias Gefangenschaft in England, nur eine Inszenierung des englischen Geheimdienstchefs Walsingham war. Ein deutsches Flugblatt zur Hinrichtung von Maria Stuart
Wie auch immer, diese Verschwörung wurde Maria Stuart zum Verhängnis.
Zum Zeitpunkt ihres Todes befand sich Maria beinahe 19 Jahre in englischer Haft. In den 45 Jahren ihres Lebens hat sie überhaupt nur wenige Jahre in ihrer Heimat, Schottland, in Freiheit verbracht.
Bereits kurz nach ihrer Geburt befand sie sich beständig auf der Flucht. Nur sechs Tage nach Ihrer Geburt verstarb ihr Vater, wodurch sie Königin von Schottland wurde (auch wenn sie erst fast ein Jahr später auf Stirling Castle gekrönt wurde).
Die Geschichte ihrer Flucht begann mit der Aufkündigung des Vertrages von Greenwich, indem ihre Hochzeit mit dem englischen Prinzen Edward vereinbart worden war, durch ihren Regenten, den Earl of Arran und der damit verbundenen Wiederbelegung der „Auld Alliance“ mit Frankreich. England nutzte diese Aufkündigung als Anlass zum Einmarsch in Schottland und versuchte eine eher martialische Art der „Brautwerbung“ Marias durch Gefangennahme, das sogenannte „Rough Wooing“.
Nachdem Maria dann dem französischen Dauphin Franz versprochen worden war, verhalf Frankreich ihr zur Flucht und so wuchs sie im französischen Exil auf.
Kurzzeitig war sie, nach dem Tod ihres Schwiegervaters, Heinrich II. von Frankreich, und der Thronbesteigung ihres Mannes, Franz II., Königin von Frankreich.
Aber auch hier war ihr das Glück nicht hold. Franz starb nach nur einem Jahr als König und Marias Stellung am französischen Hof verschlechterte sich zusehends – vor allem auf Grund des Einflusses von Katharina von Medici, die für ihren jüngeren Sohn Karl nun die Regentschaft innehatte und die die Einflüsse der Familie de Guise, aus der auch Marias Mutter stammte am französischen Hof zurückdrängen wollte.
So kehrte Maria 1561 in ein Schottland zurück, das inzwischen, durch das Einwirken des Reformators John Knox, protestantisch geworden war und wurde von ihrem Volk und dem Adel als Katholikin mit Skepsis betrachtet, auch wenn sie um einen Ausgleich der Konfessionen bemüht war.
In politischen Fragen, vor allem in Bezug auf die Männer, die sie sich zu Ehemännern wählte, erwies sie sich aber als ungeschickt, was am Ende zur ihrer Entmachtung und Abdankung am 24. Juli 1567 führte.
Sie ging 1568, nach dem sie aus einer erneuten Gefangenschaft entflohen war, nach England ins Exil und erhoffte sich Hilfe von Ihrer Cousine Elisabeth I. Diese sah in Maria aber vielmehr eine große Gefahr für ihren Thron und so verbrachte Maria auch die letzten 19 Jahre ihres Lebens in Gefangenschaft.
Mit Elisabeth ist sie, anders als dies Schiller in einer dramatischen Szene darstellt, nie zusammengetroffen.
So nahe wie in ihrem Tod kamen sich die beiden Urenkelinnen Heinrichs VII. in ihrem Leben nie: Heute trennen die Gräber der beiden Monarchinnen in der Westminster Abbey nur wenige Meter.

Hans und Hilde Brünig, Münster: Die Hinrichtung der Anführer der Münsteraner Wiedertäufer (22. Januar 1536)

Dienstag, den 22. Januar 2008

“Oh Hilde, gerade habe ich von Jupp Martens erfahren, dass es nun Wirklichkeit geworden ist, die Ketzer haben die Macht über unsere schöne Stadt gewonnen. Wie konnten nur so viele meiner Nachbarn, Freunde und Mitbürger auf dieses Handwerkerpack hereinfallen. Nun haben wir wenigen noch verbliebenen Rechtgläubigen die Rechnung präsentiert bekommen, entweder schließen wir uns den Ketzer an oder verlassen unsere Heimatstadt.“Historische Darstellung der Hinrichtung der Täufer „Hans, ich hol die Kinder, das Nötigste ist längst in Truhen verstaut, dann können wir noch heute aufbrachen.“ „Ich kann doch nicht meine geliebte Heimatstadt verlassen, in der meine Familie seit Generationen lebt, die meine Vorväter mitaufgebaut haben.“ „Aber Hans, Du kannst doch nicht zum Ketzer werden, was ist Heimatliebe im Vergleich zum wahren Glauben!“ „Ich habe meine Wahl getroffen, sie fiel mir nicht leicht, doch es muss wohl so sein. Wir werden uns noch in dieser Woche taufen lassen. Anschließend können wir hoffentlich in Frieden weiter leben und unserem Geschäft nachgehen.“
Ein Jahr später. „Hans, ich weiß nicht ein noch aus, die Kinder hungern, von mir selbst mag ich gar nicht erst reden und Du siehst seit Wochen nur noch wie ein Schatten deiner selbst aus.“ „Ach Hilde, dann versuch doch auf dem Markt noch irgendetwas zu bekommen - wer den rechten Preis zahlt, wird schon noch etwas zu Essen auftreiben.“ „Dort gibt es schon lange nichts mehr, die Leute sind schon dazu übergegangen, Kalk von den Kirchenwänden mit Wasser zu vermischen und den Kindern als Milch vorzusetzen!“ „Ich weiß nicht mehr ein noch aus Hilde. Vielleicht hätten wir damals doch fliehen sollen, doch jetzt ist es zu spät. Wohin sollen wir uns wenden, die Stadt ist von Truppen umgeben, sodass wir gezwungen sind weiter auszuharren.“ „Gott steh uns bei.“
Wiederum ein Jahr später. „Ha, heute ist es nun soweit, den drei obersten Ketzern und ihrem grausigen Treiben wurde ein Ende gesetzt. Haben die geschrieen und gejammert – recht so! Vergeltung für all die Dinge, die sie uns in den letzten Jahren angetan und abverlangt haben.“ „Ist es wahr, was mir die Nachbarin erzählte, die drei Täufer Leyden, Krechting und Knipperdolling wurden in Käfigen an den Kirchturm gehängt, wo ihre Überreste den Raben preisgegeben sind?“ „Genauso ist es Hilde! Diese Unwürdigen haben heute ein gerechtes Ende gefunden!“
Die Hoffnungen des fiktiven Münsteraner Ehepaares sollten bald in Erfüllung gehen. Am 24. Juni 1535 wurde Münster nach blutigen Kämpfen eingenommen. Noch heute an der Lamberti-Kirche zu Münster zu sehende KäfigeAm 22. Januar 1536 wurden die drei Führer der Täufer Jan van Leyden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling vor dem Rathaus gefoltert und hingerichtet. Ihre verstümmelten Leichen wurden zur Abschreckung in drei eisernen Körben am Turm der Lambertikirche aufgehängt, wo sie auch heute noch zu sehen sind.
Vorausgegangen war diesen Ereignissen die Errichtung des Täuferreichs von Münster, dessen Anhänger aus einer radikalisierten Form der Reformationsbewegung hervorgegangen waren. Bei den Ratswahlen am 23. Februar 1534 konnte die Täuferbewegung unter Führung von Jan Mathys die Mehrheit erzielen und stellten allen Gegner ein Ultimatum: Entweder sie ließen sich taufen und identifizierten sich mit der Täuferpartei oder sie mussten die Stadt bis zum 27. Februar 1434 verlassen.
Nach dem Tod des Jan Mathys wurde Jan van Leiden zum Anführer der Täuferbewegung in Münster. Unter ihm setzte eine weitere Phase der Radikalisierung ein. Auf Grund des hohen Frauenanteils an der Bevölkerung wurde die Polygamie eingeführt. Nach erfolgreicher Abwehr eines Angriffs der Belagerer lies sich Jan van Leiden zum König über das „Königreich Zion“ krönen. Währenddessen herrschte in der belagerten Stadt eine Hungersnot. Den Belagerern gelang es die als uneinnehmbar geltende Stadt Münster auszuhungern. Am 24. Juni 1435 öffnete der Schreiner Heinrich Gresbeck den Belagerern ein Stadttor, womit dem Täuferreich von Münster ein Ende gesetzt wurde.

Page 2 of 2