Engelbrecht Hartmüde: Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes (21. August 1346)
Verehrte Herren der Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau! Heute haben wir die große Ehre, den feierlichen Akt der Begründung eines Bundes zu begehen, der unsere Städte in zukünftigen Zeiten vor Bösem bewahren wird, schützend zusammensteht in schlechten Zeiten und auch gute Tage zusammen begehen möchte.
Angeregt durch unseren König haben wir beschlossen, dieses Bündnis ins Leben zu rufen, auf das es viele Jahre bestehen möge und immer nur die besten und ehrbarsten Ziele verfolgen möge. Dank sei unserem König, der uns immer mit Wohlwollen bedacht hat und ebenso wie wir die Gefahr der räuberischen Umtriebe auf dem Land erkannt hat. Wir werden nun dafür eintreten, dass diese Untaten ein Ende finden!
Lasset uns nun diesen freudigen Tag mit diesem Trunk würdigen!
Die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau schlossen sich am 12. August des Jahres 1346 zu einem Bund zusammen, der dem Schutz des Landfriedens in der Oberlausitz dienen sollte. Vordergründiges Ziel dieses Schutz- und Trutzbündnisses war es, das Raubritterum einzudämmen. Unter anderem bewirkte dieses Bündnis auch die Stärkung der politischen Macht der Patrizier und Bürger in den Städten gegenüber dem Landesfürsten und dem Landadel.
Angeregt worden war die Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes sehr wahrscheinlich durch den deutschen König Karl IV, der versuchte durch diesen Bund ein Gegengewicht zur anwachsenden Macht des Landadels zu schaffen. 1351 erkannte Karl IV. den Sechsstädtebund offiziell an und reiste nur wenige Jahre später (1355) selbst in die Region.
Der Oberlausitzer Sechsstädtebund, der zunächst ein loses Bündnis zwischen den genannten Städten war, entwickelte sich mit der Zeit zu einem festen Zusammenschluss, der bis in das Jahr 1815 Bestand haben sollte, womit er alle anderen deutschen Städtebünde überdauern sollte.
Innerhalb des Bundes gab es eine Zweiteilung innerhalb der beteiligten Städte. Auf der einen Seite standen die wohlhabenderen und mächtigeren Städte Bautzen, Görlitz und Zittau, während auf der anderen Seite die drei kleineren Städte Kamenz, Lauban und Löbau standen. Trotz dieser Zweiteilung waren alle Städte untereinander gleichberechtigt.
„Vorort“ des Bundes war die Stadt Bautzen, was sich darin äußerte dass diese Stadt den Vorsitz führte. Der Grund für diese führende Rolle von Bautzen ist darin zu sehen, dass die Stadt zur Zeit der Gründung des Oberlausitzer Sechsstädtebundes wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Region war. In späteren Jahren sollte diese Rollenverteilung zu Streitigkeiten mit den anderen Bundesgenossen, besonders dem wirtschaftlich potenten Görlitz, führen.
Trotz dieser Zwistigkeiten hielt der Bund fest zusammen und erlebte vor allem in den ersten 200 Jahren seines Bestehens eine Blütezeit. In diesem Zeitraum wurden die beteiligten Städte zur stärksten Macht der Region und dämmten damit die Macht des Landadels deutlich ein.
In Folge des Schmalkaldischen Krieges wurde der Städtebund von König Ferdinand I. Wegen seiner angeblichen untreue bestraft, konnte sich nach einigen Jahren aber wieder erholen.
Das Ende des Oberlausitzer Sechsstädtebundes wurde in Folge des Wiener Kongresses im Jahr 1815 besiegelt, als die Lausitz zwischen Preußen und Sachsen aufgeteilt wurde.
1991 zum 770jährigen Jubiläum von Löbnau wurde der Städtebund wiederbelebt und fungiert seitdem als symbolischer Zusammenschluss, der vor allem in den Bereichen Kultur, Sport und Tourismus aktiv ist.
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