Unbekannter Verfasser: Lindisfarne wird von Wikingern überfallen (8. Juni 793)
Am frühen Morgen des 8. Juni erkennen, die Mönche von Lindisfarne seltsame Schatten, die nach kurzer Zeit im Morgengrauen immer mehr Konturen annehmen, die sich vom Strand aus auf sie zu bewegen, sie scheinen vom Meer zu kommen, bei genauerem Betrachten zeigen sich dort die Umrisse einiger Boote – langgestreckt und mit Drackenköpfen versehen, aus ihnen entsteigen immer mehr und mehr Bewaffnete, die die Insel stürmen.Sie bewegen sich im Sturmschritt auf das Kloster zu, in dessen Mauern sich die Mönche inzwischen geflüchtet haben. Die bewaffneten Männer aus den Schiffen schlagen sich ihren Weg gnadenlos frei, sie töten, rauben, plündern. Wer sich ihnen in den weg stellt, hat keine Chance mit dem Leben davon zu kommen – zu groß ist die Übermacht, die wie aus dem Nichts über die Insel gekommen zu sein scheint. Auch Kloster und Kirche fallen ihnen zum Opfer, nichts von Wert bleibt an seinem Ort – Kreuze, Kelche und Kandelaber aus Gold und Silber werden davongetragen, in die Bäuche der furchteinflößenden Schiffe am Strand. Wie ein Alptraum erschien dieser Überfall vom Meer aus.
Am 8. Juni 793 wurde die Klosterinsel Lindisfarne vor der Nordostküste Englands von den Wikingern überfallen. Die Insel vor der Küste Northumberlands, die heute zum großen Teil ein Vogelschutzgebiet ist, beherbergte im 8. Jahrhundert eine Abtei, die 635 von irischen Mönchen gegründet worden war.Nach dem Tode St. Aidans, führte der Heilige Cuthbert die Abtei. Bis zum beginn des 8. Jahrhunderts hatte sich Lindisfarne zu einem Wallfahrtsort entwickelt. Gleichzeitig wurde dieser Ort, zu einer Stätte der Gelehrsamkeit, die vor allem durch die Schreibschule Bekanntheit erlangte.
Von Lindisfarne aus wurde auch die Christianisierung des nordenglischen Festlands vorangetrieben.
Der Überfall auf Lindisfarne ist der erste, durch Quellen belegte, Raubzug der Wikinger und markierte zum einen den Beginn der so genannten Wikingerzeit, die bis zur Schlacht von Hastings 1066 andauern sollte und zum anderen den Niedergang der Klosterinsel Lindisfarne. 875 verließen die letzten Mönche das Kloster auf der Insel. Erst am Ende des 11. Jahrhunderts kehrten Geistliche, dieses Mal Benediktiner, auf die Insel zurück und errichteten eine Kirche an der Stelle der ehemaligen Abtei. Im 16. Jahrhundert löste der englische König Heinrich VIII. das Kloster allerdings auf, von dem heute nur noch eine Ruine zu sehen ist.
Tags: Christentum, England, Mönchtum, Wikinger