Sportkurier: Flugzeugunglück in München (6. Februar 1958)
Sportkurier: Herr Markert Sie waren Zeuge des Flugzeugunglücks von München, schildern Sie uns und unseren Lesern Ihre Erinnerungen an dieses Ereignis.
Markert: 50 Jahre ist es her, seit dieses tragische Unglück geschehen ist. Ich erinnere mich noch genau, es war ein grauer, kalter Wintertag an dem die Maschine aus Belgrad angekündigt wurde. Ich sollte sie nur möglichst rasch betanken und dann sollte es weitergehen nach England. Zunächst wusste ich gar nicht, wen ich an diesem Tag zu versorgen hatte, schließlich kümmere ich mehr um die Flugzeuge als um die Passagiere, dafür sind andere zuständig.
Das Betanken ging reibungslos, wir waren schließlich ein eingespieltes Team, aber kalt und ungemütlich war es draußen. Alles war voll von Schneematsch und wir mussten aufpassen, dass wir nicht ausrutschten und uns auf den Hosenboden setzten.
Das Flugzeug rollte zur Rollbahn und versuchte zu starten, zweimal ohne Erfolg. Dann verließen die Insassen das Flugzeug und auf ihrem Weg zum Gebäude habe ich sie erkannt! Es waren die „Busby Babes“, die gerade ein 3:3 gegen Roter Stern Belgrad errungen hatten und damit im Halbfinale des Europokals standen. Ich weiß dass so genau, weil mein Junge immer am Radio klebte, wenn Manchester United spielte – er war ein absoluter Fan und hat sogar eifrig Englisch gepaukt, damit er den Kommentator im Radio verstehen konnte.
Nach nur wenigen Minuten hieß es dann wieder alles retour, zurück ins Flugzeug. Ein erneuter Startversuch wurde eingeleitet, doch irgendwas war anders als sonst. Die Maschine nahm erst ordentlich Fahrt auf, wurde dann aber langsamer und langsamer, kriegte den Schnabel einfach nicht hoch und dann war es zu spät. Sie schlitterte auf der Rollbahn dahin und durchschlug den Zaun, rammte ein Haus und fing Feuer.
Lärm, Flammen, Rauch das Chaos brach aus. Meine Kollegen und ich versuchten so schnell wie möglich zur Unglücksstelle zu gelangen, was auf dem rutschigen Boden gar nicht so einfach war. Als wir dort ankamen, lagen einige Körper im Freien, von denen wir zunächst nicht erkennen konnten, ob noch Leben in ihnen war oder nicht. Einige wenige konnten gerettet werden, doch die meisten Insassen verloren an diesem tragischen Tag ihr Leben.
Sportkurier: Vielen Dank für das Gespräch und die bewegende Schilderung.
Die Mannschaft des englischen Fußballklubs Manchester United befand sich am 06. Februar 1958 auf dem Rückflug des Europapokalspiels bei Roter Stern Belgrad. Nach dem Abflug in der jugoslawischen Hauptstadt, musste am Flughafen München-Riem ein Zwischenstopp zum Auftanken eingelegt werden, bevor der Flug nach Manchester fortgesetzt werden sollte.
Zwei Startversuche waren bereits abgebrochen worden, beim dritten Startversuch am Münchener Flughafen rutschte das Flugzeug dann über die schneeglatter Startbahn hinaus und durchbrach die Umzäunung des Geländes, bevor es mit einem Haus und einigen Bäumen kollidierte und schließlich in Flammen aufging.
23 der insgesamt 38 Insassen des Flugzeuges überlebten das Unglück nicht. Unter den Todesopfern waren neben acht Spielern und drei Funktionären von Manchester United auch Journalisten, ein Flugbegleiter und der Reiseveranstalter, der den Charterflug für das Fußballteam organisiert hatte.
Mit diesem tragischen Unfall endete die erfolgreiche Phase der so genannten „Busby Babes“ abrupt. Die Mannschaft, die diesen Beinamen auf Grund ihres jungen Durchschnittsalters und des Namens ihres Trainers, Matt Busby, erhalten hatte, war in den beiden Spielzeiten zuvor englischer Meister geworden und auch in der laufenden Saison standen die Chancen für einen Titelgewinn bis zu diesem verhängnisvollen Tag gut. Doch nach diesem herben Verlust musste das Team neu aufgestellt werden und rutsche bis zum Ende der Saison auf Platz 9 ab, konnte allerdings gleichzeitig ins Finale des FA-Cups vordringen, das jedoch mit einem Sieg für die Bolton Wanderers endete. Im Europapokal erfolgte trotz des Gesamterfolges gegen Roter Stern Belgrad in der nächsten Runde gegen den AC Mailand das Aus.
Zunächst wurde für das Verunglücken des British-European-Airways-Flug 609 der überlebende Kapitän James Thain verantwortlich gemacht, da ihm vorgeworfen wurde, die Tragflächen der Propellermaschine vor dem Start nicht von Eis und Schnee befreit zu haben. 1968 wurde Thaine schließlich von diesem Vorwurf freigesprochen, da sich diese nach einer genauen Untersuchung von Fotos des Flugzeugs als nicht haltbar erwiesen. Als offizielle Unfallursache wurde ab diesem Zeitpunkt die von Schneematsch bedeckte Startbahn angesehen, die es der Maschine nicht erlaubte, die erforderliche Abfluggeschwindigkeit zu erreichen.
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